Augenzeuge über Anschlag in Brüssel "Die Menschen sind in Scharen vom Terminal weggelaufen"

Düsseldorf · Ein Geschäftsmann aus Belgien entging dem Anschlag auf den Brüsseler Flughafen nur um Haaresbreite. Die Detonation im Terminal erlebte er aus nächster Nähe. Wir haben mit ihm gesprochen.

"Ich lief gerade in das Terminalgebäude hinein, als ich eine große, laute Explosion gehört habe", erzählt Alexandre Dammous. Sehr dumpf sei der Knall gewesen, nicht wie im Film, sondern wie ein Bus, der in eine Wand rast, begleitet vom Zerbersten der Scheiben — in dem Moment, als er die erste Tür öffnete. Gerade als er die zweite Tür zum Terminalgebäude öffnen wollte, habe er dann viel Rauch gesehen, "oder wohl eher Staub", erinnert er sich. "Also bin ich umgekehrt und zurückgelaufen", erzählt Dammous. Brüsseler Flughafen, Ortszeit 8 Uhr.

"Im ersten Moment dachte ich: Das ist ein Anschlag gewesen. Aber dann dachte ich: Das kann nicht sein, es muss ein Unfall gewesen sein, eine Gasexplosion oder so." In wenigen Sekunden habe er immer wieder hin und her überlegt, berichtet Dammous.

"Alle waren anfangs etwas verloren", berichtet er. "Die Situation war sehr panisch." Dann, nach kurzer Zeit der Verwirrung, hätten Mitarbeiter des Flughafens die Menschen dazu aufgefordert, den Weg für die Retter frei zu machen und das Gelände des Terminals zu verlassen. "Die Menschen sind in Scharen vom Terminalgebäude weggelaufen", berichtet Dammous. Der Belgier ist internationaler Anwalt für Unternehmensrecht, geschäftlich viel mit dem Flieger zwischen Belgien und Florida unterwegs, wo er selbst wohnt.

Anschlag in Brüssel: Massen-Evakuierung und Menschen auf der Flucht
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Brüssel: Menschen fliehen nach Anschlag aus Flughafen Zaventem

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Foto: afp

Anschließend seien sie im Eingangsbereich eines Parkhauses nahe dem Terminal untergekommen. "Dann habe ich die Rettungsassistenten und Pfleger gesehen", erzählt Dammous. Verletzte und Tote hätten sie getragen. "Ich dachte erst, dass die Leute nur verwundet seien, aber dann habe ich die weißen Tücher über einigen Tragen gesehen."

Die Wartenden im Parkhaus seien aufgefordert worden, keine Fotos zu machen. "Doch dann, ganz plötzlich, rannte das Personal selbst los." Gerüchte über eine dritte Bombe machten die Runde. Anschließend seien die Menschen aus dem Parkhaus von den Sicherheitskräften nach und nach in einem Konvoi nach Zaventem geführt worden, der kleinen Gemeinde, die dem Flughafen seinen Namen gibt. "Wir wussten nicht genau, was passiert, und die Polizisten konnten es uns auch nicht sagen", berichtet Dammous.

Wegen der Explosionen in der Brüsseler Metro fuhren von Zaventem aber keine Züge mehr. "Die Leute waren gestrandet dort", erzählt Dammous. Er selbst habe sich glücklicherweise von seinem Schwager abholen lassen können, der gerade in der Nähe war. Gegen 12 Uhr sei er wieder zuhause gewesen.

Dammous war nicht alleine unterwegs, bei ihm waren auch seine Eltern. "Meine Mutter ist vergangene Woche 70 geworden", erzählt er. Die Reise sollte ein Urlaub sein, sein Vater und seine Mutter wollten von Tampa, Florida noch nach Las Vegas weiterreisen und den Grand Canyon besuchen. Angst habe er auch später keine gehabt. Er habe sich aber Sorgen gemacht, "gerade um meine Eltern".

"Ich glaube, ich habe wirklich Glück gehabt. Wäre ich nur eine Minute früher in das Gebäude gelaufen, wäre ich nur ein Tür näher an der Explosion gewesen - ich wäre jetzt wohl tot oder mindestens verletzt", sagt der Anwalt. Und er lobt das belgische Sicherheitspersonal.

 Alexandre Dammous war mit seinen Eltern auf dem Weg nach Florida.

Alexandre Dammous war mit seinen Eltern auf dem Weg nach Florida.

Foto: Alexandre Dammous

"Die waren sehr gut, sehr professionell", berichtet Dammous. "Natürlich waren sie manchmal etwas ruppig, mussten Leute beiseite schieben", aber so sei das nun einmal in so einer Situation. "Ich war sehr beeindruckt, ich habe mich sicher gefühlt. Also, so sicher, wie man sich eben gerade fühlen kann, wenn vor einem gerade ein Flughafenterminal explodiert ist", lacht er, mit Galgenhumor in der Stimme.

Er kenne den Flughafen gut durch seine vielen Reisen. "Eine der Explosionen hat sich genau dort ereignet, wo alle amerikanischen Airlines ihren Checkin haben." Zwischen 9 und 11 Uhr morgens sei es dort immer sehr voll, unter anderem gehe dann auch der Flug nach New York, auf dem häufig viele jüdische Geschäftsleute von Antwerpen unterwegs seien. "Ich habe einen orthodoxen Geschäftsmann gesehen - sein Unterschenkel war schwer verletzt, man konnte die Knochen sehen", berichtet Dammous.

Wann er und seine Eltern die Reise nachholen können, ist noch offen. "Zumindest meine Airline hat mich schon auf denselben Flug morgen umgebucht", erzählt er, selbst etwas erstaunt. "Zur selben Uhrzeit". Das lässt selbst Dammous, den erfahrenen Flieger, zusammenzucken.

(hebu)
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