107 Tote in Mekka "Sie starben, während sie Allah priesen"

Mekka · Wer am Wochenende den saudischen Live-Fernsehsender "Al-Koran al-Karim" einschaltet, merkt nicht, was für eine Katastrophe sich in Mekka ereignet hat. Muslime, ganz in weiß gekleidet, umkreisen betend in der Großen Moschee die würfelförmige Kaaba – das größte Heiligtum im Islam.

Wer am Wochenende den saudischen Live-Fernsehsender "Al-Koran al-Karim" einschaltet, merkt nicht, was für eine Katastrophe sich in Mekka ereignet hat. Muslime, ganz in weiß gekleidet, umkreisen betend in der Großen Moschee die würfelförmige Kaaba — das größte Heiligtum im Islam.

Doch fast genau dort gab es zuvor ein schweres Unglück. Am Freitag, um 17.10 Uhr Ortszeit, ließ ein Unwetter mit heftigen Windböen und Regenfällen einen riesigen Baukran umstürzen. Metallteile bohrten sich durch die hohen Decken, Trümmer fielen auf den Marmorboden und begruben Pilger unter sich: 107 starben, 238 wurden verletzt.

Fast eine Million Muslime aus aller Welt sind zu dem Zeitpunkt schon in Saudi-Arabien, um an den Ritualen der jährlichen Pilgerfahrt, dem Hadsch, teilzunehmen. Mit "Schicksal" und "höhere Gewalt" kommentieren Augenzeugen das Unglück. In den sozialen Netzwerken werden folgende Sätze oft geteilt: "Sie starben in Mekka. Sie starben an einem Freitag. Sie starben, während sie Allah priesen. Sie werden im Paradies sein, so Gott will."

Trotz des Unglücks: Das Großereignis wird im geplanten Umfang stattfinden, teilen die Behörden mit: "Der König hat angewiesen, alle Angebote zu erhalten, um den Pilgern die bestmögliche Betreuung zu bieten", sagte der Gouverneur der Provinz Mekka, Chaled Al-Faisal, der in London erscheinenden arabischen Tageszeitung "Al-Hayat" vom Sonntag.

Kran kracht auf Moschee in Mekka
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Kran kracht auf Moschee in Mekka

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Foto: dpa, mda

Die Ursachen des Unglücks werden überprüft und auch, ob die Sicherheitsstandards auf den Baustellen ausreichen. Denn es gibt Kritik daran, dass die Baukräne zur Ankunft der Wallfahrer nicht entfernt wurden. Der saudische Konzern Binladin, der mit dem Ausbau der Moschee beauftragt ist, erklärte bereits, zuletzt seien am Donnerstag Bauarbeiten verrichtet worden. Am Unglückstag standen also die etwa ein Dutzend Kräne - laut saudischen Medien die höchsten, die in der Region eingesetzt werden - still.

Um Platz für die vielen Pilger zu schaffen, wird der Komplex ständig erweitert. Laut der Zeitung "Saudi Gazette" soll die Fläche der größten Moschee der Welt um 400.000 Quadratmeter erweitert werden und damit insgesamt 2,2 Millionen Menschen Platz bieten. Bei dem Unglück wurde ein Seitentrakt getroffen.

Damit alle Gläubigen die Möglichkeit haben, die Hadsch-Rituale zu verrichten, gehören auch die Gebiete um die Große Moschee offiziell zum Heiligtum. Wer also vor dem Gotteshaus auf der Straße betet, hat offiziell in der Heiligen Moschee von Mekka gebetet, sagen Wallfahrer.

Dennoch wollen die meisten Pilger auch zu Stoßzeiten zur Kaaba, was zu gefährlichen Situationen führt. Jahrzehntelang gab es in Mekka regelmäßig Massenpaniken mit vielen Toten. Bis die Behörden nach einer Katastrophe mit 350 Toten im Jahr 2006 beschlossen, den Hadsch mit einem modernen Fußgängerleitsystem aufzurüsten - dabei setzten sie auch auf Spezialisten aus Deutschland. Seitdem kam es nach offiziellen Angaben zu keinen Toten durch Massenpaniken mehr.

Der Beginn der Wallfahrt richtet sich nach dem islamischen Mondkalender und wird um den 21. September herum sein. Das genaue Datum wird wohl bald feststehen. Der oberste Gerichtshof rief die Bewohner des Königreiches dazu auf, am Sonntagabend nach der Mondsichel Ausschau zu halten.

(dpa)
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