Bad Schmiedeberg 13-Jähriger wohl von Mitschüler getötet

Bad Schmiedeberg · Ein Teenager hat gestanden, einen Jungen massiv mit einem Gegenstand auf den Kopf geschlagen zu haben. Weil der mutmaßliche Täter nicht strafmündig ist, kommt es nicht zu einer Anklage. Der Junge ist vorerst in der Psychiatrie.

(dpa/RP) Der gewaltsame Tod des 13-jährigen Fabian aus Sachsen-Anhalt scheint aufgeklärt: Ein Gleichaltriger hat gestanden, den Jungen attackiert zu haben. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, Olaf Braun, sagte gestern, nach der Anhörung müsse davon ausgegangen werden, dass der 13-Jährige mit massiver Gewalt mehrfach auf Fabians Kopf schlug. Laut Braun soll der Junge einen Gegenstand verwendet haben, welchen, ließ er offen. Offensichtlich waren die Schüler miteinander befreundet. Sie hatten den Sonntagnachmittag mit Wissen ihrer Eltern gemeinsam verbracht. Möglicherweise kam es dabei zum Streit mit furchtbaren Folgen.

Das tatverdächtige Kind sei in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung untergebracht worden, sagte Braun. Die Angaben des Jungen würden überprüft. Ein Haftbefehl wurde aber nicht ausgestellt: Nach dem Gesetz können Kinder erst ab dem Alter von 14 Jahren bestraft werden. Für Braun ist der Fall damit einzigartig. Es gibt einen Toten und einen Tatverdächtigen, zur Anklage oder zu einem Gerichtsverfahren wird es nicht kommen. "Wir werden ermitteln, was passiert ist und dann den Fall einstellen."

Nach intensiver Suche mit Fährtenhunden und einem Hubschrauber hatte die Polizei die Leiche des Schülers am Montag auf einem bewachsenen Gelände am Ortsrand der Kleinstadt Bad Schmiedeberg gefunden. Rechtsmediziner stellten fest, dass Fabian starke Verletzungen am Kopf erlitten hatte. Der Junge war seit Sonntagabend vermisst worden; nach dem Treffen mit seinem Freund war er nicht nach Hause gekommen. Die Polizei stieß auf den nun tatverdächtigen 13-Jährigen, weil sie intensiv im Umfeld des Getöteten ermittelte und beispielsweise überprüfte, wer zuletzt Kontakt mit Fabian hatte.

Der Landrat des Landkreises Wittenberg, Jürgen Dannenberg (Linke), sagte, beide Jungen seien den Behörden nie aufgefallen. Sollte der Tatverdächtige Fabian tatsächlich getötet haben, würde das Jugendamt jedoch einen Hilfsplan entwickeln - zum Schutz des Jungen, aber auch zur weiteren medizinischen Behandlung. Schon jetzt habe das Jugendamt den Eltern Hilfe angeboten. "Das ist eine schlimme Sache, sicher für beide Elternseiten", sagte Dannenberg. An Fabians Schule waren Psychologen unterwegs, um mit Schülern und Lehrern zu sprechen. Auch der Bürgermeister des 4200-Einwohner-Ortes Bad Schmiedeberg zeigte sich erschüttert.

Dass Kinder andere Kinder töten, ist zwar sehr selten, kommt aber immer wieder vor. So tötete im Jahr 2005 eine Sechsjährige in Thüringen ihre erst zehn Tage alte Schwester, in Würselen erstach 1999 ein 13-Jähriger eine 15-Jährige aus enttäuschter Liebe, in Brandenburg tötete 1997 ein 13-Jähriger eine Achtjährige, weil sie ihn gehänselt hatte. Schlagzeilen machte 1993 auch die Tat zweier Zehnjähriger, die in England in einem Shoppingcenter einen Zweijährigen der Mutter entrissen, erschlugen und auf ein Bahngleis legten. Ebenfalls in England steinigte 1990 ein Elfjähriger einen Dreijährigen zu Tode.

Die schwerwiegenden Folgen ihres Handelns können die Kinder dabei auch vor ihrer Strafmündigkeit mit 14 abschätzen, sagt der Wiesbadener Kriminologe Rudolf Egg. "Die Altersgrenze bedeutet nicht, dass sie kein Schuldbewusstsein hätten oder nicht wüssten, was sie tun", sagt Egg. Der Gesetzgeber habe damit nur festgelegt, dass für diese Kinder nicht die Strafjustiz zuständig ist, sondern Eltern, Erziehungsberechtigte und Jugendämter. Jetzt müsse geprüft werden, ob die Eltern ihre erzieherischen Pflichten erfüllt hätten und ob sie sich weiter um das Kind kümmern könnten. "Folgenlos wird die Tat nicht bleiben", sagt der Kriminologe, auch mit Blick auf die psychologischen Folgen für den jungen Tatverdächtigen. "Selbst Erwachsene brauchen Hilfe, um nicht zu verzweifeln nach solch einer monströsen Tat."

(RP)
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