Düsseldorf Verdi droht mit weiteren Streiks

Düsseldorf · Vor der dritten Tarifrunde im öffentlichen Dienst lässt Verdi die Muskeln spielen. Der Flughafen Köln/Bonn wurde für drei Stunden lahmgelegt. Heute wird die Rheinbahn in Düsseldorf bestreikt. Es fahren nur Busse - wenn überhaupt.

Der Heumarkt im Norden der Kölner Altstadt ist 950 Meter lang, aber an diesem Vormittag gibt es nur wenige leere Flecken. Der Markt ist rot-weiß, gefüllt mit Mitgliedern der Gewerkschaft Verdi, die ihre Fahnen schwenken und mit ohrenbetäubendem Trillerpfeifen-Lärm die Rede ihres Bundesvorsitzenden Frank Bsirske begleiten.

Der Verdi-Chef schwört die Mitglieder am großen NRW-Streiktag auf die gemeinsame Linie im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes ein. Er kritisiert Arbeitgeber, die "keinen besonderen sozialen Akzent"setzen wollten, er verweist auf Festtagsstimmung und goldene Zeiten in den Unternehmen, von denen auch die Arbeitnehmer profitieren sollten. Er droht mit einer Ausweitung der Streiks, sollten sich die Arbeitgeber in der dritten Verhandlungsrunde am Sonntag nicht bewegen; er verweist darauf, wie "elementar ein gut funktionierender öffentlicher Dienst ist". "Bislang blockieren und mauern die Arbeitgeber. Es gibt nach zwei Verhandlungsrunden noch kein Angebot." Wenn die Gespräche zu keinem vernünftigen Ergebnis führten, "dann werden wir mit Eskalationen noch ganz anderen Ausmaßes rechnen müssen", sagt Bsirske und betont, wie wichtig die Einheit unterm Verdi-Dach sei. Massenkundgebungen eignen sich auch immer für das Werben neuer Mitglieder.

Etwa 20 Minuten dauert die Rede des großen Vorsitzenden, der Beifall der Streikenden ist ihm gewiss. Einige haben sich, während Bsirske über die Macht deutscher Konzerne redet, im benachbarten "Pommes-Imperium" gestärkt. Nicht nur Verdi, auch die Imbissbuden und Cafés rund um den Heumarkt haben einen großen Tag. Mehr als 10.000 Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst haben sich in Köln getroffen - Beschäftigte des niederrheinischen Energieversorgers NEW, der Krefelder Stadtwerke, der Mönchengladbacher Stadtverwaltung, der Duisburger Theaterbetriebe.

Wie viele es tatsächlich sind, ist unklar. Bsirske spricht von 18.500 und beruft sich auf die Kölner Polizei, die ihrerseits erklärt, es seien deutlich weniger. Andere Quellen nennen die Zahl 15.000, wieder andere gehen von "nur" 12.000 aus. Für ein Drei-Stunden-Volksfest reicht es auf jeden Fall.

Die Warnstreiks im öffentlichen Dienst lösen im morgendlichen Berufsverkehr in NRW Behinderungen aus. Auf den Autobahnen staut sich der Verkehr zwar, aber die Polizei verzeichnet mit 280 Staukilometern fürs ganze Land dennoch nur ein leicht erhöhtes, aber kein ungewöhnlich starkes Aufkommen. Viele Pendler hatten Fahrgemeinschaften gebildet oder waren zu Hause geblieben.

Dafür trifft der Warnstreik die Flughäfen. Verdi bestreikt die Standorte Frankfurt, München, Bremen und Köln/Bonn. Am Flughafen in Köln wird der Flugbetrieb am Morgen für drei Stunden komplett lahmgelegt, weil sich die Flughafen-Feuerwehr vorübergehend an den Ausständen beteiligt. Nach Flughafenangaben fielen insgesamt 81 Flüge aus. Am Standort Düsseldorf waren vorsorglich 31 Verbindungen gestrichen worden. "Leider werden Flughäfen von den Gewerkschaften nur zu gerne als Schaubühne für ihre Arbeitskämpfe genutzt", sagt Ralph Beisel, Chef des Flughafenverbands ADV. "Bereits eine geringe Streikbeteiligung führt zu einer hohen Zahl an Flugstreichungen." Die dadurch erzielte Öffentlichkeitswirkung erfolge auf Kosten der betroffenen Reisenden.

Auch zahlreiche Kitas, Behörden und Jobcenter bleiben landesweit geschlossen. Zudem beteiligen sich zahlreiche Verkehrsbetriebe an den Aktionen. Eine Ausnahme ist Münster. Wegen der Amokfahrt vom Wochenende verzichtet Verdi darauf, in der westfälischen Stadt zu Warnstreiks aufzurufen.

Die Streiks haben teils bizarre Auswüchse: In Ratingen fällt der Unterricht an der Käthe-Kollwitz-Realschule und an der Friedrich-Ebert-Realschule aus, weil dort die Hausmeister streiken. So habe man die Sicherheit für einen ordnungsgemäßen Schulbetrieb nicht mehr gewährleisten können, argumentieren die Schulleitungen.

Während ein Gros der betroffenen NRW-Bürger heute aufatmen kann, gibt es im Großraum Düsseldorf neue Einschränkungen. Die Rheinbahn, die gestern wegen Betriebsratswahlen von den Streiks ausgenommen war, holt heute den Ausstand nach. Das Unternehmen erklärte, der Streik beginne um 3 Uhr und dauere 24 Stunden. "Es fahren keine U-Bahnen, Straßenbahnen und nur wenige Buslinien. Betroffen ist das gesamte Bedienungsgebiet der Rheinbahn, also die Stadt Düsseldorf, der Kreis Mettmann, die Stadt Meerbusch und die Verbindungen nach Duisburg, Krefeld, Neuss und Ratingen", teilte das Unternehmen mit. Es empfahl seinen Kunden, sich über Alternativen zu Straßenbahn, U-Bahn und Bus zu informieren und (soweit möglich) auf die S-Bahnen und Regionalzüge umzusteigen.

(gw/jd/kle/maxi)
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