Xanten Wanderfalken brüten in luftiger Höhe

Xanten · Am Schornstein des Abfallentsorgungszentrums Asdonkshof hat sich ein Paar der seltenen Greifvogelart angesiedelt

 Das Wandervogel-Pärchen brütet auf einem Schornstein der Müllverbrennungsanlage Asdonkshof.

Das Wandervogel-Pärchen brütet auf einem Schornstein der Müllverbrennungsanlage Asdonkshof.

Foto: Asdonkshof

Jeden Morgen schaut sich Cornelia Bothen die Bilder des Falkenpaares an, das am Schornstein des Abfallentsorgungszentrums Asdonkshof ein Nest bezogen hat. "Seit gut drei Wochen ist es hier", erzählt die Pressereferentin mit Blick auf eine Webcam, die das Leben der edlen Greifvögel überträgt und festhält. "Zunächst hat das Pärchen das Nest begutachtet. Es ist ein Dackelkörbchen. Das ist mit Kieselsteinen gefüllt und steht auf dem Kranz des Schornsteines - 100 Meter über dem Boden oder halber Schornsteinhöhe. Drei Eier liegen im Nest." Seitdem sich das Falkenpaar in luftiger Höhe ein Nest gesucht hat, hat die 47-jährige Kommunikationswissenschaftlerin viel über Wanderfalken gelesen.

"Sie jagen andere Vögel, vor allem Tauben", erzählt sie. "Sie schlagen die Vögel in der Luft, nicht am Boden. Das sieht spektakulär aus. Sie suchen sich Nester an sicheren Stellen, die niemand anderes erreichen kann. Diese Nester bauen sie nicht selbst, sondern übernehmen sie. Während das Weibchen brütet, wird es vom Mann versorgt." Deshalb betritt zurzeit niemand die Plattform des Schornsteines, um Antennen für die Mobilfunknetze und Außenlampen zu warten, die nachts Piloten warnen sollen. "Wir haben jegliche Arbeiten gestoppt, um das Falkenpärchen nicht zu stören."

Schließlich soll das Weibchen in Ruhe die drei Eier ausbrüten. Das können weibliche Wanderfalken an vielen Stellen in Europa nicht mehr, da die Menschen im vergangenen Jahrhundert immer mehr die Natur eroberten. Sie nahmen den Falken unzugängliche Höhlen, Felsen und Klippen weg. So ging die Population langsam zurück, ab 1946 dann stark. Damals kam das Insektizid Dichlor-Diphenyl-Trichlorethan erstmals großflächig auf Äckern und in Wäldern zum Einsatz. Die Greifvögel nahmen das DDT, wie es kurz heißt, über die Nahrung auf. Weil durch das Insektizid die Schalen ihrer Eier dünner wurden, erblickten immer weniger Jungvögel das Licht der Welt. In Europa starb der Wanderfalke fast aus. Erst als der Naturschutzbund 1971 den Wanderfalken zum ersten Vogel des Jahres kürte und die Länder begannen, DDT zu verbieten, erholte sich die Population wieder. Heute gibt es europaweit geschätzte 6600 Brutpaare.

Eines davon fühlt sich am höchsten Schornstein im Kreisgebiet wohl. "2003 hat das erste Mal ein Vogelpärchen dort gebrütet", erzählt Cornelia Bothen. "Seitdem waren immer wieder Vögel da." Deshalb brachte der Naturschutzbund, der am Schornstein eng mit dem Abfallentsorgungszentrum zusammenarbeitet, eine Kamera auf der Plattform an, die mit einem Bewegungsmelder gekoppelt ist. Immer wenn sich ein Vogel im Dackelkörbchen bewegt, springt sie an und überträgt Bilder. In eineinhalb bis zwei Wochen dürften es fünf Vögel sein, wenn die drei Jungvögel nach einer Brutzeit von 34 bis 38 Tagen aus ihren rot-braun gefleckten Eiern geschlüpft sind. "Darauf bin ich gespannt", berichtet die Pressesprecherin. "Ich frage mich, wie sie in dieser Höhe das Fliegen lernen wollen. Sie können es ja nicht richtig ausprobieren." Die jungen Wanderfalken lernen aber schnell, sich in der Luft zu bewegen.

(RP)
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