Lokalsport Als Supertalent zum FC Schalke 04

Xanten · Farshad Jaqubi war den Jugendtrainern des Fußball-Bundesligisten beim Knappen-Camp in Sonsbeck aufgefallen. Der Afghane, der seit Anfang 2017 in Xanten lebt, wurde daraufhin zum Elitecamp nach Gelsenkirchen eingeladen.

 Der 16-jährige Farshad Jaqubi wurde von Schalke 04 zum Elitecamp eingeladen.

Der 16-jährige Farshad Jaqubi wurde von Schalke 04 zum Elitecamp eingeladen.

Foto: Peter Kummer

Auf der Urkunde in Größe DIN A4 und mit dem unverwechselbaren Königsblau der "Knappen" versehen, die Farshad Jaqubi aus seiner Sporttasche zieht, steht "Supertalent". Sie ist mehr als eine Auszeichnung, auf die er stolz sein kann. Für den 16-jährigen Afghanen bedeutet die Urkunde zugleich die Eintrittskarte zu einem Training bei Schalke 04. Denn mit der Bezeichnung "Supertalent", die er beim Fußballcamp des Bundesligisten in Sonsbeck erhalten hatte, gehört der Jugendliche aus Xanten zu jenen Auserwählten aus ganz Deutschland, die in den Herbstferien für drei Tage zum Elitecamp nach Gelsenkirchen eingeladen werden, um den Profis auf dem Rasen so manchen Trick abzuschauen.

Seit Anfang des Jahres wohnt Farshad mit seinem Onkel in der Stadt. Die Eltern blieben mit seinen vier Geschwistern in Afghanistan zurück. Über die Türkei, Griechenland, Serbien und Ungarn führte der Weg ein Jahr lang bis nach Deutschland. In Xanten teilen sich die beiden gemeinsam mit einer Familie aus dem Irak eine Wohnung. Mathe, Deutsch und Chemie gehören für den Realschüler zu den Lieblingsfächern. Und natürlich Sport, am liebsten Fußball sowie Volleyball.

Farshad läuft jeden Tag seine 10, 15 Kilometer und spielt beim SV Lüttingen in der B-Jugend im Mittelfeld oder im Sturm; von rechts kommend. Die ersten Tore hat er auch schon für seine Mannschaft erzielt. Drei in einem Spiel.

Dank Satellit kann die Bundesliga auch in Afghanistan empfangen werden. So machte der Jugendliche seine erste Bekanntschaft nicht nur mit dem deutschen Fußball, sondern auch mit Revierclub. In Erinnerung geblieben ist ihm ein Champions League-Spiel, als der S04 beinahe Real Madrid rausgeworfen hätte. "Schalke ist bei mir Nummer eins, danach kommt Real", sagt er. Eine große Ehre für die Blau-Weißen, dass sie in der Gunst des 16-Jährigen noch vor den Königlichen rangieren.

Und nun dieser Zufall: Ausgerechnet Schalke veranstaltete gemeinsam mit dem SV Sonsbeck die viertägige Knappen-Fußballschule für den Nachwuchs. Darauf von einer Lehrerin angesprochen, war es für ihn keine Frage, sich anzumelden. Trotz einer Teilnahmegebühr, die er irgendwie zusammenkratzte. "Es war für mich viel Geld. Aber ich wollte unbedingt dabei sein." Sein Onkel gab einen Teil dazu, Farshad sparte selbst oder lieh sich das Geld.

An dieser Stelle kam die R + V Allgemeine Versicherung als Sponsor des Sonsbecker Camps ins Spiel. Aus einem Sozialfonds finanzierte sie die Gebühr für drei bedürftige Teilnehmer, deren Familien Hartz IV beziehen oder bei denen ein Elternteil alleinerziehend ist. "Als wir hörten, was Farshad unternommen hat, um teilzunehmen, wie er das Geld zusammengespart hat, haben wir unseren Fonds für einen vierten Teilnehmer erhöht", sagt Heinz-Hugo Siry von der Versicherung.

Im Sonsbecker Camp gehörte der junge Afghane stets zu den ersten, die morgens im Willy-Lemkens-Sportpark eintrafen und war mit viel Einsatz und fußballerischem Können bei der Sache. "Ich habe viel gelernt." Die Belohnung war die Ehrenurkunde als Supertalent und die Qualifikation für ein Training auf Schalke. "Rund 40 Kinder werden auf unserem Gelände teilnehmen", sagt Dominik Menze, Organisator der Knappen-Camps, "die besten der von uns in Deutschland durchgeführten Camps." Termin ist voraussichtlich das letzte Wochenende im Oktober von Freitag bis Sonntag. "Eventuell ist eine Besichtigung des Stadions möglich. Aber das hängt vom Bundesliga-Spielplan ab."

R + V, verspricht Siry, werde die Teilnahme ermöglichen und erneut für die Gebühr aufkommen, zudem die Fahrt dorthin organisieren und für die Unterkunft sorgen. Vielleicht trifft Farshad, der gerne eines Tages Profi oder, wenn das nicht klappt, Arzt werden möchte, dort auch Martin Max wieder, zweimal Torschützenkönig der Bundesliga und einer der legendären Eurofighter, die 1997 mit Schalke den UEFA-Pokal an die Emscher holten. In Sonsbeck hat er den ehemaligen Bundesliga-Profi, der auch schon mal für die Nationalmannschaft aufgelaufen war, persönlich kennengelernt. Ein Foto auf seinem Handy mit den beiden ist Beleg dafür, dass sie sich gut verstanden haben.

Und vielleicht wird sogar der Verein auf den jungen Afghanen vom Niederrhein aufmerksam - auch wenn es sich nicht um ein Sichtungscamp des Bundesligisten handelt. Auf alle Fälle aber wird für Farshad Jaqubi in einigen Wochen ein Fußball-Traum wahr.

(kump)
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