Zum Sonntag Solidarität zwischen Menschen und Generationen

Xanten · Der 1. Mai fällt auf Sonntag. - Wie schade!? So wird sicher mancher denken; denn wir haben einen "arbeitsfreien" Tag in diesem Jahr weniger, da der 1. Mai als gesetzlicher Feiertag gilt. Wenn auch der zusätzliche freie Tag wegfällt, so bleibt dennoch die Intention "Tag der Arbeit".

 Autor Klaus Wittke ist Propst in St. Viktor Xanten.

Autor Klaus Wittke ist Propst in St. Viktor Xanten.

Foto: oo

Der DGB hat für diesen Tag ein passendes Motto gewählt: "Zeit für mehr Solidarität!" Solidarität ist tatsächlich überaus wichtig für die Bevölkerung eines Gemeinwesens, wie es der Staat nun einmal ist: Solidarität zwischen den arbeitenden Menschen, den Generationen, den Einheimischen und Flüchtlingen, den Schwachen und Starken. In dieser Zeit scheint es leider vielfach an echter Solidarität zu fehlen. Hier müsste - meines Erachtens - in unserer Gesellschaft wieder einiges dazu gelernt werden. So viel zum 1. Mai als Tag der Arbeit.

Am 1. Mai beginnt bekanntlich in vielen Marien-Wallfahrtsorten wie in Kevelaer, Ginderich und Marienbaum die Wallfahrtszeit. Die Wallfahrten im nordwestdeutschen Raum stehen auch unter einem besonderen Motto. Das lautet: "Selig die Barmherzigen!" Dieses Wort trägt der Tatsache Rechnung, dass Papst Franziskus das Jahr 2016 als Heiliges Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen hat. Hiermit verbinden sich für mich mehrere interessante Gedanken, die mir neulich in dem Buch "Ungläubiges Staunen. Über das Christentum" von Navid Kermani begegnet sind, die ich hier aber leider nur ansatzhaft ansprechen kann. Kermani ist Muslim und nähert sich über die Bildwelt der christlichen Religion an. Er tut dies mit großer Ernsthaftigkeit und Ehrfurcht, wie mit Begeisterung und Kühnheit, so dass einen Christen, der dieses eindrucksvolle Buch liest, in positiver Weise wirkliches Staunen überkommen kann. So schreibt der Autor (sicher nicht zufällig) in ein und demselben Kapitel über die 'Barmherzigkeit Gottes' und über die 'Bedeutung der Gottesmutter' im Christentum. Er bezieht sich hierbei auf das Bild der 'Madonna im Rosengarten' von Stefan Lochner (um 1400-1451). Zitat: "Die Muttergottes ist jung, die in der Rosenlaube vor einem Brokatvorhang sitzt, ihr Baby erst vor ein paar Tagen (...) geboren, aber der Frieden, der in ihrem Gesicht und ihrer Körperhaltung liegt, ist nicht der eines Mädchens oder einer jungen Frau, die von dem Martyrium des Sohns bloß noch nichts weiß. Sie trägt die Krone, ist also bereits auferstanden und hat das schlimmstmögliche Unglück einer Mutter erlebt. Der Frieden, der in ihrem Gesicht und ihrer Körperhaltung liegt, ist Erlöstheit (...)." Auf diese Erlöstheit gehen wir alle als Glaubende zu. Dabei ist es gut, sich an Maria zu orientieren; sie ist die Mutter der Glaubenden, die Trösterin der Betrübten, die Königin des Friedens, die Zuflucht der Sünder! In all' diesen Ehrenbezeichnungen offenbart sich die Barmherzigkeit Gottes, von der auch wir uns prägen lassen sollen, aber auch die Solidarität, die es zu leben gilt, wenn menschliches Miteinander in guter und rechter Weise gelingen soll. - Der 1. Mai lädt ein! Die einen zur Mai-Andacht, andere zur DGB-Kundgebung, vielleicht auch zum Lesen - zum Beispiel Navid Kermani! Es lohnt sich!

AUTOR KLAUS WITTKE IST PROPST IN ST. VIKTOR XANTEN.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort