Xanten Schlechte Noten fürs Stadtarchiv

Xanten · Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hat der Verwaltung ein schlechtes Zeugnis für ihre Archivarbeit ausgestellt. Seit fast 20 Jahren wurden keine neuen Güter mehr geordnet und verzeichnet. Die Politik reagiert - mit einer neuen, halben Stelle.

Wahrlich kein Schmuckstück: Im Keller des Rathauses befindet sich das Stadtarchiv. Der LVR findet die räumliche Situation nicht gerade optimal.

Wahrlich kein Schmuckstück: Im Keller des Rathauses befindet sich das Stadtarchiv. Der LVR findet die räumliche Situation nicht gerade optimal.

Foto: Lörcks

Das ist einmal ein schlechtes Zeugnis. Wenn man den Bericht von Gregor Patt vom Archivberatungs- und Fortbildungszentrums des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) liest, wird eins mehr als deutlich: Die Stadt Xanten hat seit fast 20 Jahren eine kommunale Pflichtaufgabe vernachlässigt - die Archivarbeit.

Der Bestand ist zwar in einem relativ guten Zustand, er ist nur - und das ist sicherlich die Hauptkritik des Gutachters - seit 1999 nicht mehr erschlossen worden. Damit ist das Ordnen und Verzeichnen von neuem Archivgut gemeint. Der Grund: Es gab und gibt bei der Stadt Xanten keinen Mitarbeiter, der sich hauptamtlich um dieses Themenfeld kümmert. Die Folgen: Die Nutzerzahlen fallen im Vergleich mit anderen Kommunen außerordentlich gering aus. Öffentliche und historische Bildungsarbeit ist so gut wie nicht vorhanden.

Das soll sich nun ändern. Die Stadt wird, sofern Hauptausschuss und Rat zustimmen, schnellstmöglich eine Archivkraft in Teilzeit einstellen. Ob es sich dabei um eine 50-prozentige Stelle des gehobenen Archivdienstes (A9, TVöD 9b) handelt, ist ungewiss. Das geht aus dem Beschlussvorschlag, den die Mitglieder des Ausschusses für Schule, Sport und Kultur mehrheitlich zustimmten, nicht hervor. Es gab nur eine Nein-Stimme. Richard Lipp von den Linken forderte eine Vollzeitstelle des gehobenen Archivdienstes: "Die bisherige Archivarbeit ist unzureichend und das Gutachten absolut überzeugend."

Bürgermeister Thomas Görtz räumte in seiner Verwaltungsvorlage Fehler ein: "Aufgrund der Stadtgeschichte und seiner Bestände hat das Stadtarchiv Xanten, verglichen mit den Archiven vergleichbarer Kommunen, eine herausragende Bedeutung. Dennoch ist im Archiv seit Jahrzehnten keine Fachkraft als Archivar mehr tätig." Genauer gesagt waren bis 2011 zwei ehemalige Mitarbeiter der Stadt Xanten im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung mit zuletzt je 5,5 Wochenstunden dort tätig. Von 2012 bis 2016 war es nur noch eine Person, die einmal in der Woche für 5,5 Stunden das Archiv pflegte. Weiterhin war von 2010 bis 2016 ein Historiker im Ruhestand dort mit etwa vier Wochenstunden ehrenamtlich tätig. Heute kümmert sich nur noch ein Mitarbeiter aus dem Bereich Zentrale Dienste zwei Stunden in der Woche um das Archiv. Ausgebildet wurde er darin nicht. Zum Vergleich: Die Gemeinden Uedem (8000 Einwohner) und Weeze (11.000) teilen sich einen hauptamtlichen Archivar. Kalkar (14.000) weist eine Vollzeitstelle auf. Rheinberg (31.000) sogar 1,1 Stellen. Görtz: "Mit dieser verbliebenen personellen Ausstattung ist es weder möglich, den vorhandenen Archivbestand fachgerecht zu betreuen noch in ausreichendem Umfang neues Material aufzunehmen."

Dabei ist das dringend erforderlich. Hinzu kommt, dass die Bestände irgendwann digitalisiert werden müssen. Ansonsten drohen ein Verlust von rechtlich relevanten Daten oder erhebliche Mehrkosten, sagt Patt. Zu alledem findet der Gutachter auch die räumliche Situation nicht optimal: "Der Magazinraum bietet keine ausreichenden Reserven für die Archivierung weiterer Zuwächse. Er genügt den Anforderungen der einschlägigen Normen nur bedingt. Die Herstellung ausreichender klimatischer Verhältnisse bereitet erhebliche Probleme; sie bedarf der stetigen Überwachung durch eine Fachkraft vor Ort. Es fehlt auch an Räumlichkeiten für die Erledigung aller übrigen in einem Archiv anfallenden Aufgaben."

(RP)
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