Sonsbeck Putenmast mit viel Fingerspitzengefühl

Sonsbeck · Auf dem Haneshof werden 18.000 Puten groß. Der Landtagsabgeordnete René Schneider besucht den Hof während seiner Sommertour. Positiv überrascht ist er über die Sauberkeit und Platz in den Ställen.

 René Schneider mit Willi Cleven und seiner Frau Beate, den Zwillingen Anna und Sophie sowie Neffe Felix und Sohn Willi im Putenstall.

René Schneider mit Willi Cleven und seiner Frau Beate, den Zwillingen Anna und Sophie sowie Neffe Felix und Sohn Willi im Putenstall.

Foto: Armin Fischer

Willi Cleven passt nicht in das Bild, das sich viele von Landwirten machen. Er wirkt zierlich, hat schmale Schultern und zarte Hände, die auch zu einem Maler passen könnten. "Putenzüchter brauchen viel Fingerspitzengefühl", sagt der staatlich geprüfte Landwirt. "Puten sind besondere Lebewesen. Nicht jeder kann mit ihnen umgehen." Er und seine Frau Beate können damit umgehen. 18.000 Putenhennen und Putenhähne leben auf ihrem Familienbetrieb, dem Haneshof in Labbeck. René Schneider schaute dort bei seiner Sommertour vorbei, um sich zu überzeugen, wie gut die Tiere leben.

"Ich bin positiv überrascht, wie sauber alles ist", meinte der SPD-Landtagsabgeordnete, als er sich in einem der fünf Ställe die Puten anschaute. Auf 1600 Quadratmetern leben dort 4000 Hähne. "Es gibt eine freiwillige Vereinbarung", erläuterte Willi Cleven. "Danach dürfen auf einem Quadratmeter höchsten 58 Kilogramm Geflügel stehen, kein Gramm mehr. Da die Hähne im Durchschnitt 21 Kilogramm schwer werden, entspricht das zweieinhalb Tieren."

Diese 58 Kilo sorgen bei den Landwirten zurzeit für viel Diskussion, da sie nur in Deutschland gelten. "Landwirtschaftsminister Johannes Remmel will sogar auf 50 Kilogramm heruntergehen, damit die Puten mehr Platz haben", berichtete Beate Cleven, die mit René Schneiders Frau Anja in der Sonsbecker Landjugend aktiv war. "Für uns Putenmäster wäre das kein Problem, wenn diese Regel von allen in Europa gleich eingehalten würde."

Doch gilt diese freiwillige Vereinbarung, die unter anderem Naturschutzverbände und Landwirtschaftskammern ausgehandelt haben, nur in Deutschland. Andere europäische Landwirte haben sich daran nicht zu halten, beispielsweise aus Polen, die seit dem Frühling dieses Jahres mit ihrer Überproduktion verstärkt auf den deutschen Markt drängen und die Preise in den Keller gehen ließen. "Gleiches Recht für alle in Europa", forderte Willi Cleven daher ein, um anzufügen: "Leider gibt es das nicht."

Auch die Überlegung des Landwirtschaftsministers, das Behandeln der spitzen Schnäbel mit Infrarot bis 2017 zu verbieten, ist kein europäischer Konsens. "Das Behandeln ist keine Tierquälerei, sondern Tierschutz", berichtete Willi Cleven. "Ohne das Behandeln verletzen sich viel mehr Puten bei der Mast. Puten neigen dazu, andere Puten, die eine Blutfleck haben, solange zu picken, bis sie starke Verletzungen haben. Mit spitzen Schnäbeln kommt das viel öfter vor."

Für den stellvertretenden Labbecker Ortslandwirt sind die deutschen Putenmäster im europäischen Vergleich durchaus wettbewerbsfähig. "Wir müssen immer einen Schritt weiter sein als die anderen", betonte er bei der Besichtigung. "Das sind wir." Als Beispiel führte er die hohen Ansprüche an, die bei der Dokumentation festgelegt seien. "Bei einer Putenbrust im Tiefkühlregal bei Rewe lässt sich genau nachvollziehen, wo die Pute geschlachtet, wo sie gemästet und mit welchem Futter sie gefüttert wurde", erläuterte Willi Cleven. "Wenn das alles in Deutschland passiert ist und die Küken sowie die Elterntiere aus Deutschland kommen, gibt es das 5-D-Siegel." Mit diesem Siegel erhalten die Landwirte einen Cent mehr pro Kilo für die Hennen und Hähne, die 16 und 20 Wochen alt werden, um dann geschlachtet und zu Tiefkühlkost verarbeitet zu werden. "Wir rechnen in Cent pro Gramm", erläuterte Beate Cleven. "Das sind bei 2300 Tonnen Futter im Jahr und bei über 50.000 Puten schnell mehrere 10.000 Euro."

(got)
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