Xanten Polizei meldet ruhigen Blitzmarathon

Xanten · Von 6 bis 22 Uhr haben die Messteams an 37 Stellen im gesamten Kreisgebiet mit ihren Radargeräten das Tempo der Verkehrsteilnehmer gemessen. In Xanten stehen die Beamten an der B 57. Die meisten Fahrer halten sich an die Regeln.

 Kommissarin Anneke Gerdemann an der B 58. Nur wenige Autos sind hier zu schnell unterwegs.

Kommissarin Anneke Gerdemann an der B 58. Nur wenige Autos sind hier zu schnell unterwegs.

Foto: Armin Fischer

Die Bundesstraße B 57: Über weite Strecken durchpflügt sie schnurgerade weitläufige Felder. Wie hier zwischen Xanten-Stadt und Marienbaum. Irgendwo in der Ferne verläuft sich die Fahrbahn, nur selten steht ein Haus am Straßenrand. Solche weitläufigen Abschnitte verleiten besonders zum Rasen. Sie sind für schwere Unfälle geradezu prädestiniert. Daher ist es kein Zufall, dass die Kreispolizei bei ihrem Blitzmarathon diesen Streckenabschnitt ganz besonders im Auge hat. Genau wie später die Kamper- und Holderberger Straße in Moers und die Römer- und Lintforter Straße in Kamp-Lintfort. Von 6 bis 22 Uhr stehen die Messteams mit ihren Radargeräten an 37 Stellen im gesamten Kreisgebiet.

Auf der Straße nach Marienbaum geschehen immer wieder schwere Unfälle. Vor anderthalb Jahren zum Beispiel wurde gerade hier an der Einmündung Am Bruckend, wo nun der Blitzer steht, ein 17-Jähriger von einem Auto erfasst. Er erlag später seinen Verletzungen. Zwar ist für eine kurze Strecke die Höchstgeschwindigkeit von 100 auf 70 Stundenkilometer reduziert. Allerdings halten sich viele nicht daran, sondern gehen nur geringfügig runter vom Gaspedal.

Das kann verheerende Folgen haben. Der Erste Polizei-Hauptkommissar Norbert Klump holt eine Tabelle aus der blauen Jackentasche, stellt Skalen ein und rechnet vor. Bei 70 Stundenkilometern beträgt der Anhalteweg 45 Meter. Dann steht der Wagen. Bei Tempo 90 ist der Anhalteweg schon 67 Meter, und dort, wo das Auto mit 70 km/h schon gestanden hat, ist der "Raser" immer noch mit 65 Sachen unterwegs.

Der Blitzmarathon ist nicht unumstritten. Alles Abzocke, sagen die einen. "Ist doch nur eine Show-Veranstaltung für Innenminister Jäger", sagen die anderen. Klump sieht das völlig anders. Man wolle die Öffentlichkeit sensibilisieren und auch über die Medien möglichst viele Menschen erreichen. "Wir möchten so darauf aufmerksam machen, welche schlimmen Folgen nicht angepasste Geschwindigkeit haben kann", sagt er. Zu schnelles Fahren muss nicht immer die Ursache für einen Unfall sein, aber die Folgen sind schlimm. Die Aufprallgeschwindigkeit ist maßgeblich.

Rund 15.000 Unfälle muss die Kreispolizei im Jahr aufnehmen, bei zehn Prozent gibt es Verletzte. Das bedeutet für die Polizeibeamten, die den Unfall aufnehmen müssen, auch seelischen Stress. Dann sind Seelsorger wie Folkhard Werth gefragt, der in dieser Funktion ganz im Dienst der Polizei steht.

"Ein schwerer Unfall geht den Beamten schon an die Nieren", weiß Werth aus eigener Erfahrung. "Das geht an keinem spurlos vorüber." Einige könnten es abschütteln, andere suchten das Gespräch mit dem Polizeiseelsorger. Die Einzelgespräche unterliegen der Verschwiegenheitspflicht, es wird noch nicht einmal bekannt, dass überhaupt eins stattgefunden hat.

Nicht nur junge Polizisten kommen zu Folkward Werth, der für die Region von Essen, über Duisburg und Oberhausen bis hoch nach Kleve zuständig ist. Auch bei berufserfahrenen Kollegen kann plötzlich ein Unfall das Fass zum Überlaufen bringen. Irgendwann ist der Punkt erreicht, da läuft nichts mehr.

Kommissarin Anneke Gerdemann gehört zur Streifenwagenbesatzung, die zu dem Unfall mit dem tödlich verletzten 17-Jährigen gerufen wurde. Unterwegs zum Unfallort, ging sie gedanklich schon durch, was alles veranlasst werden muss. Und ihre Gedanken waren bei dem verletzten Jugendlichen: "Hoffentlich überlebt er." Doch für den jungen Mann kam jede Hilfe zu spät. Den Unfall konnte sie, wie sie sagt, noch gut selbst verarbeiten. Die Hilfe von Seelsorger Werth musste sie nicht in Anspruch nehmen. Doch gefeit, eines Tages doch das Angebot annehmen zu müssen, ist sie nicht. "Schwierig wird es, wenn so etwas kurz hintereinander passiert."

Gegen elf Uhr zog das Messteam weiter. Von den rund 900 gemessenen Fahrzeuge fuhren 14 zu schnell, der schnellste war mit 94 km/h unterwegs. Den Vogel kreisweit schoss bis zum Nachmittag eine 45-jährige Frau ab, die in Moers mit 132 km/h unterwegs war. Erlaubt waren 100 km/h. Ansonsten gab es weniger Messungen als sonst, sprich viele haben sich ans Limit gehalten.

(pek)
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