Zum Sonntag Nach dem Winter der Unmenschlichkeit Hoffnung auf Wandel im Frühling

Xanten · Kennen Sie dies? Steht in der Bibel, im Lukasevangelium, 16 Kapitel: "Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag herrlich und in Freuden lebte. Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren".

Zum Sonntag: Nach dem Winter der Unmenschlichkeit Hoffnung auf Wandel im Frühling
Foto: Fischer, Armin (arfi)

Man könnte auch sagen: Es war einmal ein reiches Europa, das Tag für Tag herrlich und in Freuden lebte und stolz war auf seine Grundwerte wie Freiheit, Gleichheit Brüderlichkeit und stets die Einhaltung der Menschenrechte bei anderen meinte reklamieren zu müssen. Vor seinen Stacheldraht bewehrten Zäunen aber lagen tausende von Armen, Männer, Frauen und Kinder, in strömendem Regen, bei Eiseskälte, durchnässt, durchfroren, hungrig, tausende KM hinter sich, geflohen vor Terror und Gewalt, nun hier gestrandet. Sie hofften auf Hilfe und Mitmenschlichkeit, fanden aber nichts dergleichen. Die Bibel erzählt weiter: "Als nun der Arme starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb, wurde begraben und litt nun qualvolle Schmerzen in der Unterwelt.

Das Bild der ausgleichenden Gerechtigkeit - Immanuel Kant postulierte aus der offensichtlichen Notwendigkeit solcher ausgleichenden Gerechtigkeit die Existenz Gottes. Man muss das aber nicht zwingend religiös interpretieren. Auch die einfache "weltliche" Erfahrung lehrt: Unser Tun fällt oft genug wie ein Bumerang auf uns selbst zurück; Klimakatastrophe, Fukushima, die beharrliche Weigerung, Fluchtursachen zu bekämpfen statt Flüchtlinge zeigen das zur Genüge. Oder meint jemand ernsthaft, wir könnten weiter ungestört leben, als wenn nichts wäre, während die Zahl der Lazarusse vor den Toren Europas täglich ansteigt? Ich jedenfalls kann mir das nicht vorstellen.

Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters! Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen. Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören.

Bei Mose (und den Propheten) kann man nun lesen: "Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten." Da erwiderte der Reiche: Nein, Vater Abraham, nur wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren. Darauf sagte Abraham: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.

Im Zugehen auf Ostern hoffe ich, dass die Bibel hier einmal nicht Recht behält! Sondern dass nach dem Winter der Unmenschlichkeit der Frühling manches Herz noch zur Mitmenschlichkeit auftaut und umkehren lässt, vielleicht tatsächlich im Blick auf Jesus Christus, den Auferstandenen. Das muss einfach so sein, weil sonst alles Gerede von Werten, vom christlichen Abendland, von Menschenrechten und Menschenwürde zur vollkommenen Farce werden würde. Wir wären dann kaum besser als die Unrechtsstaaten, über die wir sonst gerne hochtrabend die Nase rümpfen.

AUTOR HANS-JOACHIM WEFERS IST PFARRER DER EVANGELISCHEN KIRCHENGEMEINDE XANTEN UND SUPERINTENDENT DES KIRCHENKREISES KLEVE.

(RP)
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