Xanten Knoblauchkäse für die Würstchenfans

Xanten · Xanten lebt mit der Erinnerung an die Römer. Die hatten einen besonderen Geschmack, den Gäste auch in der Herberge im Archäologischen Park genießen können. Die Rezepte sind etwas abgewandelt, wie die Archäologin Dr. Kathrin Jaschke weiß.

 Fadil Kryezi (rechts), Leiter der Römischen Herberge im Archäologischen Park Xanten, kredenzt "diversi gustationes", einen Vorspeisenteller mit Lukanischen Würstchen, marinierten Oliven, gekochtem Ei, Endiviensalat und natürlich Weinbrötchen mit dem Knoblauchziegenkäse Moretum, den René Keuth und Christiane Schmidt von der Reenctment-Gruppe "Classis Germanica" mit zubereitet haben.

Fadil Kryezi (rechts), Leiter der Römischen Herberge im Archäologischen Park Xanten, kredenzt "diversi gustationes", einen Vorspeisenteller mit Lukanischen Würstchen, marinierten Oliven, gekochtem Ei, Endiviensalat und natürlich Weinbrötchen mit dem Knoblauchziegenkäse Moretum, den René Keuth und Christiane Schmidt von der Reenctment-Gruppe "Classis Germanica" mit zubereitet haben.

Foto: Olaf Ostermann

Man nehme Hähnchen, Schalotten, Knoblauchzehen, Datteln, Pinienkerne, Weinraute, Honig, Weinessig, Olivenöl, Fischsauce, Pfeffer, Koriander, Kreuzkümmel und Mehl. Fertig! Pullum numidicum, numidisches Hähnchen, einer der Renner der Speisenkarte in der Herberge im Archäologischen Park. Und immer richtig gleichmäßig gut im Geschmack.

Die alten Römer würden sich angesichts der letzten Aussage allerdings verwundert die Augen reiben. Das Rezept stammt nämlich aus der Sammlung De re coquinaria ("Über die Kochkunst") von Feinschmecker Caelius Apicius, der um die Zeit von Christi Geburt gelebt hat. In diesem ältesten erhaltenen Kochbuch (die bekannte Fassung stammt aus dem vierten Jahrhundert) gibt es keine einzige Mengenangabe.

"Apicus muss jedenfalls sehr wohlhabend gewesen sein", sagt Dr. Kathrin Jaschke. Die Archäologin macht das gleich an mehreren Merkmalen fest. Zum einen ist überliefert, dass sich besagter Gourmet selbst umgebracht hat, als er "nur noch zehn Millionen Sesterzen" besaß, was auf längere Sicht nicht mehr den gewohnten Lebensstil garantiert hätte. "Zum anderen beinhaltet das Kochbuch Zutaten wie Pfeffer, dessen Transport ins römische Reich allein schon unfassbar teuer war", sagt die Museumspädagogin im Archäologischen Parks Xanten (APX).

Zum Frühstück (prandium) eines Durchschnittsrömers jedenfalls gab es Brot, Käse und Oliven, dazu in der Stadt Ziegenmilch von Tieren, die hinterm Haus in Ställen gehalten wurden. Ansonsten labten sich die Römer mit Wasser oder Wein. Das Getränk der Soldaten war hingegen mit viel Wasser verdünnter Obstessig, was wiederum die im Neuen Testament festgehaltene Szene jenes Soldaten, der Jesus am Kreuz einen Essig getränkten Schwamm reichte, als wohltätig erscheinen lässt. Dem anhaltenden Frühstücks-Beigeschmack dürften Wein oder Essig gutgetan haben. Höchstens vier bis fünf Knoblauchzehen kommen heutzutage bei der Zubereitung der Käsepaste auf 500 Gramm Feta-Käse Moretum, den es mit Fladenbrot auch in der Herberge gibt. "In der Originalfassung sollte es die zehnfache Knoblauchmenge sein", weiß Kathrin Jasche.

Mittags gab es auch noch eine Kleinigkeit zu essen. Richtig zu Tisch gerufen wurde die ganze Familie am Abend. Während die Hauptmahlzeit der Soldaten aus Getreidebrei mit selbstgemahlenem Weizen (puls) und vielleicht etwas Käse bestand, wurde in der Stadt in Hinterhöfen gekocht. In den meisten Wohnungen aber gab es überhaupt keine Kochstelle. Da deckten sich Römer in Garküchen oder in Herbergen ein.

Verwöhnte Römerzungen kamen aber auch so zum Beispiel bei hartgekochten Eiern mit Piniensauce (ova apala) auf ihre Kosten. Nach der Vorspeise liebten die "absoluten Würstchenfans" (Jaschke) in Schweinenetze gehülltes und anschließend geräuchertes Brät oder Geflügel und Wild (sehr gerne gemeinsam mit Früchten gekocht) und - Schweinefleisch. Übrigens ein Zeichen von Reichtum. Schweine wurden eben "nur" zum Essen gemästet . . . Das galt auch für Siebenschläfer und Haselmäuse, die in besonderen Amphoren mit Kletterspiralen an den Innenwänden und Luftlöchern aufgepäppelt wurden. Auch Singvögel standen auf der Speisenkarte, sagt Kathrin Jaschke. Fisch kam natürlich auch auf den Tisch. Und Austern, wie Funde in der Colonia Ulpia Trajana beweisen. Die Tiere stammten allerdings aus der Nordsee.

Damit das alles auch richtig schmeckte, dienten in Salz eingelegte Sardellen oder ein paar Tropfen von in der heißen Sonne an Spaniens Küsten fermentierte Fischen: garum, das bei der "Herstellung" die weite Umgebung mit Gestank verpestete. Gewürzt wurde auch mit heimischen Pflanzen, wie sie im Kräutergarten der Herberge zu finden sind. Daneben gaben zumindest die vornehmen Häuser ein Vermögen für importierte Waren aus: Feigen, Pfirsiche, Olivenöl und exotische Kräuter wie eben Pfeffer. Und wenn etwas so richtig in Mode war, dann wollte es jeder haben. Auf diese Weise haben die Römer übrigens ein Kraut aus Nordafrika namens silphium komplett ausgerottet. "Final aufgegessen" nennt das die 39-jährige Archäologin.

Sie räumt zum Schluss noch mit einer Legende auf: Die Römer lagen keineswegs immer zu Tisch, schon gar nicht in den Nordwestprovinzen. Das war eine Geld- und auch eine Platzfrage: Nicht jeder konnte sich halt ein eigenes Esszimmer leisten. Jaschke: "Wenn ich Räume wie in den Handwerkerhäusern habe, in denen ich essen und schlafen muss, dann ess ich halt platzsparend im Sitzen."

(RP)
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