Von Frau Zu Frau "Ich lese die RP auf dem PC"

Xanten · Margarita Spitzer (85) aus Xanten ist langjährige RP-Abonnentin, Julia Lörcks (34) die neue Leiterin der Redaktion Xanten/Rheinberg. Ein Gespräch übers Zeitunglesen und -machen, über die Familie und das Alter.

Von Frau Zu Frau: "Ich lese die RP auf dem PC"
Foto: Christoph Reichwein

Frau Spitzer, wir kennen uns erst seit wenigen Tagen. Beim Stammtisch der "Aktiven Frauen in Xanten" (Afix) durfte ich mich Ihnen und den anderen Frauen als neue Lokalchefin der Redaktion Xanten/Rheinberg vorstellen. Sie hingegen sind langjährige RP-Abonnentin. Ich lese meine Zeitung morgens am Frühstückstisch - und Sie?

Margarita Spitzer Ich lese sie nach dem Frühstück im Wohnzimmer am PC.

Am PC?

Margarita Spitzer lächelt. Sie läuft mit kleinen Schritten zum Wohnzimmertisch und kramt ein iPad hervor. Sie klappt die Schutzhülle um. Zwei, drei Fingerbewegungen später - und schon ist das E-Paper geöffnet.

 Morgens nach dem Frühstück geht Margarita Spitzer ins Wohnzimmer und liest die RP als E-Paper auf dem Tablet.

Morgens nach dem Frühstück geht Margarita Spitzer ins Wohnzimmer und liest die RP als E-Paper auf dem Tablet.

Foto: Christoph Reichwein

Spitzer Sehen Sie? Hier kann ich meine Nachrichten lesen. Und wenn mich etwas besonders interessiert, dann drucke ich es aus.

Ich kenne nicht viele 85-Jährige, wenn nicht sogar gar keine, die die RP auf einem Tablet lesen.

Spitzer Das war auch nicht immer so. Ich hatte jahrelang die gedruckte Zeitung auf dem Tisch. Seit zwei, drei Jahren bin ich allerdings nicht mehr so gut zu Fuß. Um nicht täglich frühmorgens zum Briefkasten zu müssen, haben mir meine Neffen den Computer eingerichtet. Ich bin jetzt Mitleserin. Meine Schwester hat das Zeitungsabo, ich den E-Paper-Zugang.

Können Sie die Artikel auf dem Computer denn gut lesen?

Spitzer Ja, das klappt ganz gut. Meine Augen sind noch in Ordnung.

Wenn Sie entscheiden könnten, welches Thema sollte ich künftig in der Zeitung behandeln?

Spitzer Ich finde, dass der öffentliche Nahverkehr in Xanten zu einem Thema gemacht werden muss. Wer in der Touristinformation nach einem Fahrplan fragt, bekommt dort die Antwort: ,Damit haben wir nichts zu tun.' Das kann doch nicht sein. Nur Insider wissen, dass es alle wichtige Informationen zum Thema Busfahren im Xantener Reisebüro gibt.

Ihre Lösung?

spitzer Der ÖPNV muss besser vermarktet werden. Nur die wenigsten wissen zum Beispiel, dass das Schnäppchenticket montags bis freitags ab 9 Uhr im gesamten Stadtgebiet gilt, und zwar jeweils vier Stunden lang nach der ersten Entwertung. Und die Hintergründe müssen besser erläutert werden.

Da komme ich wieder ins Spiel...

Spitzer Richtig. Ich wünsche mir, dass die Informationen nicht einfach so übernommen, sondern kritisch hinterfragt werden. Dass alle Aspekte betrachtet und beleuchtet werden. Dadurch könnte man die Bürger zu einer anderen Perspektive bewegen. Denn hier, aber nicht nur hier, ist es leider so üblich, dass diese Informationen übersehen werden. Wenn dann aber etwas passiert, dann wird auf die eingeschlagen, die zuvor gehandelt haben. Damit es nicht noch schlimmer wird, sollte man allen Menschen mit offenen Augen begegnen, schon die Kleinsten. Sie haben doch auch eine kleine Tochter?

Ja

Spitzer Korrigieren Sie sie, wenn das Pferd, das sie gemalt hat, nicht wie ein Pferd aussieht?

Nein. Was raten Sie mir denn?

Spitzen Lassen Sie sie machen und nehmen Sie sie wahr. Oft sehe ich an den Bushaltestellen Mütter und Kinder, und alle spielen an ihrem Handy. Die Kleinen sind oftmals froh, wenn ich sie anspreche und ich mich mit Ihnen unterhalte.

Sie interessieren sich für Menschen. Erzählen Sie mir Ihre Biografie. Wie sind Sie nach Xanten gekommen?

Spitzer Ich bin im Februar 1932 in Duisburg-Hamborn geboren und 1969 nach Xanten gezogen. Meine Eltern lebten in Xanten, weil der Bruder meines Vaters hier Stadtdirektor war. Ich war damals hauptamtliche Richterin am Amts- und Landgericht in Duisburg und wollte mich in der Nähe meiner Familie verwurzeln. Also habe ich mir in der Nähe des Bahnhofes eine Eigentumswohnung gekauft.

In der sie heute nicht mehr leben.

Spitzer Nach meiner Hochzeit habe ich sie verkauft. Ich bin mit meinem damaligen Mann nach Linnich gezogen und war Landarztgattin.

Sie haben sich getrennt. Nach ungefähr 20 Jahren Ehe. Auch das kommt in ihrer Generation selten vor.

Spitzer Meinen Sie?

Ja

Spitzer Er wollte es so. Ich habe ihn daraufhin bis zum letzten Tag seiner Praxis unterstützt und bin dann wieder nach Xanten gezogen. Meine Schwester Regina und ihr Mann haben mir dann diese Wohnung besorgt, in der ich bis heute wohne.

Sie waren insgesamt zu fünft. Sie sind die älteste Schwester, Regina die jüngste, sie ist fast 20 Jahre jünger, wie war das für Sie?

Spitzer Ich bin nicht nur ihre ältere Schwester, meine Eltern haben mich auch zu ihrer Patin gemacht. Ich habe mich um sie gekümmert, ich war für sie verantwortlich.

Sie waren damals keine 20 Jahre alt, zu dieser Zeit habe ich studiert, hätte anderes im Sinn gehabt, als mich um meine kleine Schwester zu kümmern.

Spitzer Ich habe auch studiert. Allerdings habe ich meine ersten Semesterferien nicht in Köln verbracht, sondern habe meine Schwester im Kinderwagen durch die Stadt geschoben. Was meinen Sie, was die Leute gedacht haben?

Und heute ist es umgekehrt?

Spitzer Meine Schwester und ich haben regen Kontakt, und sie, ihr Mann und ihre Kinder helfen mir auch, wenn es nötig ist, aber sie müssen mich nicht pflegen. Ich habe eine Hilfe, die kommt dreimal in der Woche, kocht und putzt. Und ich habe Alternativen gefunden. Statt sonntags in den Dom zu gehen, schaue ich mir die Gottesdienste nun im Fernsehen an. Letzte Woche kam der katholische Gottesdienst zum Beispiel aus Bensberg. Das habe ich zum Anlass genommen, eine Studienfreundin anzurufen, mit der ich vor einigen Jahren einmal die Kirche in Bensberg besichtigt habe.

JULIA LÖRCKS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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