Xanten Holocaust-Überlebende beeindruckt Xantener Schüler

Xanten · Esther Bejarano ist zum wiederholten Mal in Xanten. Die 93-jährige Holocaust-Überlebende hat für die Jugend schweres Gepäck dabei. Sie schildert, wie sie als 18-Jährige im April 1943 nach Auschwitz deportiert wurde und dort als Mitglied des Mädchenorchesters ihren Alltag meisterte.

 Esther Bejarano erzählte eindrücklich aus ihrem Leben.

Esther Bejarano erzählte eindrücklich aus ihrem Leben.

Foto: Ostermann

Angst, Hunger und Kälte sind ihre Begleiter. "Ich habe so gefroren", erzählt sie. Mit Lebensmitteln konnte sie warme Kleidung kaufen. Einen Laib Brot - ihre Wochenration - gab sie für den warmen Pullover und hungerte dafür sieben Tage. Den KZ-Arzt Josef Mengele lernte sie fürchten. Seine stummen Handzeichen bestimmten über Leben oder Tod. Im Mädchenorchester musste mit ihren Kolleginnen spielen, während die Menschen in die Gaskammer geschickt wurden.

Das Kriegsende kündigt sich im April 1945 an. Mittlerweile ist Esther im Frauenarbeitslager in Ravensbrück und soll mit anderen verlegt werden. Mit Freundinnen gelingt die Flucht, die direkt in den Armen amerikanischer Soldaten enden sollte. Sie erzählen ihnen von den Gräueln in den KZs. "Es war nicht die Befreiung, sondern die zweite Geburt", so die 93-Jährige.

Ein Schlüsselerlebnis bringt sie Jahre später dazu, ihre Geschichte aufzuschreiben: Vor ihrer kleinen Boutique hatte die NPD einen Infostand aufgebaut und Demonstranten auf den Plan gerufen. "Dann kam die Polizei und hat sich vor die Nazis gestellt", so Esther. Sie wurde als Verbrecherin tituliert, denn nach Auschwitz seien nur Verbrecher gebracht worden, so die Argumentation am NPD-Stand.

Ein Schalter legt sich um. Bejarano schreibt ihre Geschichte auf. Das Buch gleicht einer inneren Befreiung. "Aber ein Buch ist nicht genug. Ich will als Zeitzeugin erzählen, was ich erlebt habe", so 93-Jährige.

Still sind die Jugendlichen während ihrer Lesung und trauen sich kaum, Bajarano nach ihrer Meinung zu aktuellen politischen Entwicklungen zu fragen. Vor dem Vortrag hatte Sänger Kutlu Yurtseven, mit dem Bajarano zusammen rappt, mit den Jugendlichen über rechte Gewalt, Rassismus und den NSU-Prozess diskutiert. "Nicht schweigen. Ihr müsst aufstehen und Partei ergreifen", so sein Rat gegen Diskriminierung im Alltag.

(sabi)
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