Xanten Görtz: Xanten ist bunt, keinesfalls braun

Xanten · Über 150 überwiegend junge Menschen demonstrierten gestern gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Bei der Veranstaltung der Ratsfraktionen forderte der Arbeitskreis Asyl eine größere Unterstützung der Arbeit durch die Politik.

Fotos von Demo gegen Fremdenhass in Xanten
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Xantener demonstrieren gegen Fremdenhass

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Bürgermeister Thomas Görtz zeigte sich gestern beeindruckt ob der großen Gruppe junger Menschen, die nach Xanten kam, um als Reaktion auf den Brandanschlag auf die im Bau befindliche Unterkunft für Asylbewerber gegen Rassismus zu demonstrieren. "Wir sind bunt", so beschrieb er Xanten. "Nicht eintönig, erst recht nicht braun." Es gelte nun, mit Veranstaltungen wie dieser, das wahre Gesicht der Stadt zu zeigen. " Deshalb sei es für ihn erste Bürgerpflicht, dabei zu sein. "Parteipolitik ist mir dabei piepegal", so Görtz. "Ich heiße jeden in unserer weltoffenen Stadt herzlich willkommen."

Die Kreisverbände der Jugendorganisationen von SPD, FDP, Grünen und Linken hatten sich mit der Antifa Moers zu einem Bündnis zusammengeschlossen, um die Demonstration zu organisieren. In ihrem Aufruf warnten sie auch die Politik davor, mit Einschränkungen des Asylrechts die geistigen Grundlagen für Fremdenfeindlichkeit zu liefern. Man müsse von verbaler Brandstiftung Abstand nehmen und das Asylrecht ausweiten, statt nun die Grenzen schließen zu wollen. "Refugees welcome" oder "Nazis vertreiben, Geflüchtete bleiben" und "Rassismus hat viele Gesichter - und alle sind hässlich" hieß es auf den Schildern, die die Demonstranten mit sich trugen.

 Am früheren Förderzentrum, dem Ort des Brandanschlags, startete gestern der Demonstrationszug Richtung Markt.

Am früheren Förderzentrum, dem Ort des Brandanschlags, startete gestern der Demonstrationszug Richtung Markt.

Foto: Armin Fischer

Zu dem von ihnen geforderten Bekenntnis der Xantener Politik war es zuvor schon gekommen. Zudem stellten sich die Fraktionen in einer eigenen Veranstaltung den Fragen der Bürger gestellt. Nach Sachsen, Berlin, Baden-Württemberg und Brandenburg nun also auch in Xanten am Niederrhein. Niemals, sagte SPD-Fraktionschef Olaf Finke, hätte er damit gerechnet, dass auch Xanten mit einem Brandanschlag gegen Unterkünfte für Flüchtlinge in die bundesweiten Schlagzeilen komme. Damit sprach er sicherlich auch aus dem Herzen der anderen Politiker, die sich am Donnerstagabend in der Mensa des Stiftsgymnasiums den Fragen besorgter Bürger stellten. Der 3. Oktober, als Unbekannte im ehemaligen Förderzentrum, in das bald Asylbewerber leben werden, Feuer legten, lässt die Politik aufhorchen. Gibt es etwa in Xanten auch eine rechte Szene? Bekannt war sie bislang nicht, waren sich alle einig.

Man wolle die Einsichten und Befürchtungen der Bürger kennenlernen, sagte Pfarrerin Ulrike Dahlhaus, die gemeinsam mit Propst Klaus Wittke den Abend moderierte. Und die Besucher hatten viele Fragen. 260 Asylsuchende leben derzeit in den von der Stadt zur Verfügung gestellten Unterkünften. "Wir können nicht genau planen", gestand Bürgermeister Thomas Görtz ein. Rund 15 Menschen kommen jede Woche dazu; für Ende des Jahres rechnet er mit 400 Flüchtlingen, die unterzubringen sind. Doch wo? Am Küvenkamp wird weitergeplant, andere Immobilien wie an der Carl-Cuno-Straße werden reaktiviert. Immerhin: "Im Vergleich mit anderen Städten mit Zelten und der Belegung von Turnhallen haben wir in Xanten noch gute Zustände", erklärte Petra Strenk von der CDU. Alt-Bürgermeister Alfred Melters mahnte zur Besonnenheit: Die Stadt habe in der Vergangenheit schon einmal eine ähnliche Situation erlebt, als "mit einem Schlag 500 Asylbewerber vom Balkan erschienen sind. Das war eine heftige Sache, aber damit sind wir fertig geworden."

Xanten: Brand in Flüchtlingsheim an Johannes-Janssen-Straße
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Brandanschlag auf geplantes Flüchtlingsheim in Xanten

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Foto: Fischer, Armin

Die Vertreter aller im Rat vertretenen Parteien mussten sich allerdings auch Kritik gefallen lassen. Vorneweg vom Arbeitskreis Asyl, die eine größere Unterstützung der Arbeit durch die Politik einforderte. Klaus-Martin Meier (FDP) gestand ein: "Das Thema Asyl war mir bis vor kurzem hier in Xanten nicht so präsent. Wir sollten uns an einen Tisch setzen, um zu besprechen, was wir machen können."

Nach den beiden Bränden im Förderzentrum und kurz darauf in einer Flüchtlingsunterkunft hat die Stadt einen Sicherheitsdienst beauftragt, nachts die Wohnheime abzufahren. Außerdem fährt die Polizei verstärkt Streife. Aber der Idee, eine Art unbewaffnete Bürgerwehr -"keine Schlägertrupps" - zu gründen, erteilten alle auf dem Podium eine Absage. Nachbarschaftshilfe und -augenmerk ja, aber "eine Bürgerwehr sehe ich kritisch", so Petra Strenk. "Dieser Begriff hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen."

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(pek)
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