Xanten Es kommt Licht ins DBX-Dunkel

Xanten · Schmiergeldskandal und Millionen-Schaden - am Gericht kamen gestern brisante Details rund um das Strafverfahren, in dem Kurt Reintjes eine wesentliche Rolle spielt, ans Licht. Der Richter brachte auch Christian Strunk ins Spiel.

Für Xantens Bürgermeister Thomas Görtz war der gestrige Tag ein guter Tag. "Es ist jetzt eindeutig und unbestritten, dass der Tiefbauer aus Xanten dem damaligen Chef des Dienstleistungsbetriebes der Stadt Xanten über mehrere Jahre eine Summe von mehr als 400.000 Euro gezahlt hat", sagte Görtz nach dem ersten öffentlichen Verhandlungstermin in der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve. Dieser dauerte etwa 40 Minuten lang. Görtz war als Zuschauer zu Gast und am Ende sichtlich erleichtert. Hatte dieser Termin doch ein bisschen Licht ins Dunkel der DBX-Affäre gebracht.

Zum Hintergrund: Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve ist ein Spruchkörper, besetzt mit einem Vorsitzenden Richter sowie zwei weiteren hauptberuflichen Richtern. Als erstinstanzliches Gericht entscheidet die Zivilkammer über Rechtsstreitigkeiten zwischen Bürgern oder Firmen, wenn der Streitwert 5000 Euro überschreitet. Das war gestern der Fall.

Genauer gesagt ging es um Honorarzahlungen in Höhe von 22.000 Euro. Geld, das das Tiefbau-Unternehmen für den Ausbau einer Teilstrecke der Straße Alter-Rhein-Weg in Beek verlangte und das lange Zeit ausstand. Also verklagte das Unternehmen den Dienstleistungsbetrieb der Stadt Xanten - kurz: DBX.

Für den Eigenbetrieb der Stadt geht es allerdings um weit mehr als 22.000 Euro. Genauer: Für Harald Rodiek, der den DBX seit April 2016 leitet, geht es um die lückenlose Aufklärung eines Korruptionsskandals, aufgedeckt am 27. Oktober 2015. Damals durchsuchten Beamte des Landeskriminalamtes die Büros des Dienstleistungsbetriebes und die privaten Räumlichkeiten des früheren Vorstands Kurt Reintjes, wohnhaft in Emmerich. Wenige Tage später wurde der damalige DBX-Chef durch den Verwaltungsrat abberufen. Dagegen hatte Reintjes geklagt, aber verloren.

Im April 2016 gab es eine erneute Hausdurchsuchung im Rathaus. "Damals wurden 50 weitere Aktenordner mitgenommen. Und anscheinend wurde auch etwas gefunden", sagte Rodiek gestern auf Nachfrage unserer Redaktion. Abgeschlossen ist das Verfahren, das die Jahre 1999 bis 2015 betrifft noch nicht. Die Akte ist mittlerweile 7000 Seiten stark. "Der Abschluss wird nicht vor Ende des Jahres erwartet", teilte die Anwältin des Dienstleistungsbetriebes gestern mit.

Gegenstand dieses Verfahrens sind unter anderem 430.000 Euro. Dieses Geld - nach Ansicht des DBX handelt es sich dabei um Schmiergeld, damit der Unternehmer den Auftrag der Stadt erhält - hätte der Tiefbauer an Kurt Reintjes gezahlt und der Stadt so einen Schaden in Höhe von mehreren Millionen Euro zugefügt. Denn unter anderem seien die Rechnungen für die geleisteten Arbeiten immer höher ausgefallen als zuvor in der Ausschreibung angegeben. Zudem hätte der Tiefbauer auch belastetes Material in den Unterbau einer Straße verbaut. Deshalb machte der DBX vor Gericht beim Tiefbauer Schadensersatzansprüche geltend.

Wie der Vorsitzende Richter am Landgericht, Dr. Ralph Neugebauer, gestern ausführte, äußerte sich der Tiefbauer in einer früheren Anhörung zu den Vorwürfen. Demnach seien die 430.000 Euro, die aufs Konto der ehemaligen Lebensgefährtin von Reintjes flossen, keine Schmiergelder, sondern Entlohnungen. So habe Reintjes die Rechnungen für den Tiefbauer geschrieben. Jene Rechnungen, die er dann wiederum als damaliger DBX-Chef abgesegnet hat.

Nach Ansicht des Tiefbauers, so der Richter gestern in der Verhandlung, sei das alles unproblematisch gewesen, weil der frühere Bürgermeister der Stadt Xanten, Christian Strunk, in die Sache miteingeweiht gewesen sei. "Da weiß man gar nicht, was schlimmer ist. Das Schmiergeld oder die angebliche Entlohnung", sagte der Vorsitzende. Auf die Frage, ob sich die Stadt denn vorstellen könnte, dass der ehemalige DBX-Chef diese Rechnungen erstellt haben könnte, antwortete die Verteidigerin: "Nein, das kommt zeitlich nicht hin. Kurt Reintjes hatte schließlich einen Vollzeitjob beim DBX und war zudem noch Mitglied im Emmericher Stadtrat."

Der Richter verwies zudem auf die Verjährung, die in Fällen von Bereicherung gilt: "Allerdings nicht, wenn es sich um ein kollektives Zusammenwirken handelt." Aus diesem Grunde forderte er den Tiefbauer auf, die Rechnungen, "die hoffentlich der frühere DBX-Vorstand erstellt hat oder wer auch immer ihm dabei geholfen hat", zu erläutern. Seine frühere Lebensgefährtin, die zuvor ebenfalls angehört wurde, sei es auf jeden Fall nicht gewesen. "Sie hat ausgesagt, den Chef des Tiefbau-Unternehmens nicht zu kennen", so Neugebauer. Der Anwalt des Unternehmers entgegnete gestern nur, dass die Stadt Xanten alles daran setze, seinen Mandanten in den finanziellen Ruin zu treiben.

Ferner stellte der Vorsitzende Richter beiden Parteien in Aussicht, dieses Verfahren auszusetzen. Und zwar so lange, bis das noch offene Strafverfahren abgeschlossen ist. "Das hat auch mit dem Aussageverweigerungsrecht von Strunk zu tun", sagte Neugebauer. So habe er der Presse entnommen, dass der frühere Bürgermeister zwischenzeitlich für die Kanzlei gearbeitet hat, die Reintjes vor dem Arbeitsgericht vertreten hat. "In einer Klein-stadt wie Xanten ist wohl alles möglich", so Neugebauer.

Bis zum 28. August haben nun der DBX und das Tiefbau-Unternehmen Zeit, Stellung zu nehmen. Am 27. September geht die Verhandlung vor der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve weiter.

(RP)
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