Xanten Die Ölberg-Szene steht wieder an alter Stelle

Xanten · Die Beredonk'sche Gruppe steht wieder am Südportal des Xantener Doms. Morgen wird sie von Weihbischof Rolf Lohmann gesegnet.

 Grundlage der Rekonstruktion waren unter anderem alte Fotografien: Thorsten Knapp, Wolfgang Müller und Johannes Schubert beim Aufbau der Ölberg-Szene in dieser Woche.

Grundlage der Rekonstruktion waren unter anderem alte Fotografien: Thorsten Knapp, Wolfgang Müller und Johannes Schubert beim Aufbau der Ölberg-Szene in dieser Woche.

Foto: Heinz Kühnen

72 Jahre nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ist auch die letzte der fünf bedeutendsten Steinskulpturen des Spätmittelalters in Deutschland wieder (fast) an ihrem alten Platz: Die Ölbergszene. In den vergangenen Wochen hat die Dombauhütte die lebendige Szene in einem neuen Haus am Südportal des Viktor-Doms aufgestellt.

Zwei Jahre lang hat Steinmetz Hilmar Müller an dem steinernen Puzzle gearbeitet. Reine Arbeitszeit: "Über ein Jahr", hat der Leiter der Dombauhütte, Johannes Schubert, einmal errechnet. Denn nach den verheerenden Angriffen auf Xanten konnten nur noch Bruchstücke aus dem Kapellchen in der Gartenmauer des Hauses geborgen werden, in dem der Stifter, Kanoniker Berendonk, im frühen 16. Jahrhundert gewohnt hat. Zahl der Bruchstücke war keineswegs üppig: ein Stück aus dem Statuenkopf des Heiligen Johannes, vom schlafenden Petrus im Vordergrund Teile aus dem Schienbein und vom Ellenbogen, Fragmente des Apostels Jakobus . . .

Wären da nicht die Unterlagen des königlichen Kreisbaumeisters Carl Cuno, der jedes Fitzelchen des Doms bei dessen Renovierung zwischen 1857 und 1868 vermessen hat, die Bauzeichnungen des Xantener Architekten Wolfgang Marganice aus den 1980er Jahren und vor allem die im Rheinischen Bildarchiv gelagerten Fotos von C. F. Brand aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Der in Isselburg wohnende Hilmar Müller hätte keine Chance auf eine Rekonstruktion gehabt.

So aber ist die, so Müller, "wunderbare Komposition" nach mühevoller Kleinstarbeit aus - wie beim Original - Baumberger Sandstein aus Havixbeck-Billerbeck nachkomponiert: die drei schlafenden Apostel im Vordergrund, links Judas mit dem Geldbeutel des Hauptmanns, die durch ein Gartentörchen heranstürmenden Schergen, Jesus, der im Garten Gethsemane ("O Herr, lass den Kelch an mir vorübergehen") betet, ein Engel und schließlich Stifter Berendonk. Der hat sich, wie früher in Kunstwerken üblich, selbst ein Denkmal gesetzt: Auch in den anderen Teilen der Gruppe steht er klein, aber doch erkennbar am Rande des Geschehens: Auch bei der Verspottung ("Ecce homo"), Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung ist er dabei.

Dass die demnächst hinter Glas zu findende und beleuchtete Ölberg-Szene nicht - wie wohl ursprünglich - farbig gestaltet wird (dafür fehlen Zeugnisse), tut der lebendigen, detailreichen Szenerie mit den ausdrucksvollen Gesichtern keinen Abbruch. 140.000 Euro, so der Vorsitzende des Dombauvereins, Hans-Wilhelm Barking, hat Prof. Dieter Spethmann, der inzwischen verstorbene frühere Thyssen-Manager mit Xantener Wurzeln, für die Rekonstruktion gestiftet. 65.000 Euro kostete die Aufstellung nahezu am Originalplatz. 40.000 Euro kamen an Spenden. Barking verweist da auf die Kollekte am Sonntag.

(RP)
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