Xanten Bronzemodell macht Xanten ertastbar

Xanten · Die neue Skulptur auf dem Markt soll sehbehinderten Menschen die Möglichkeit geben, die Stadt zu begreifen - im wahrsten Sinne des Wortes. Sie ist auch für sehende Gäste eine Orientierungshilfe.

 Vertreter von Rat und Verwaltung bewunderten gestern als erste das Bronzemodell von Egbert Broerken (rechts).

Vertreter von Rat und Verwaltung bewunderten gestern als erste das Bronzemodell von Egbert Broerken (rechts).

Foto: Armin Fischer

Zwei Wochen lang rankten sich die wildesten Spekulationen um den aufgestellten Sandsteinblock am Marktplatz. Gestern enthüllte Bürgermeister Thomas Görtz das Geheimnis. Zum Vorschein kam ein Stadtmodell Xantens aus Goldbronze, das nicht nur den Großen Markt optisch aufwertet, sondern vor allem sehbehinderten Menschen die Möglichkeit geben soll, die historische Innenstadt mit ihren Fingern zu erfahren.

Erschaffer des Bronze-Modells ist Bildhauer und Objektdesigner Egbert Broerken aus Welver bei Soest. Über 120 vergleichbare Miniatur-Städte hat er in ganz Europa bereits vollendet. Die Idee kam ihm vor rund 30 Jahren, als der Künstler in seiner Heimat zufällig einer Stadtführung für blinde Kinder beiwohnte. "Die Kinder bekamen etwas von dem 76 Meter großen, romanischen Dom erzählt und konnten sich darunter überhaupt gar nichts vorstellen", sagte er. Also kam Broerken der Gedanke, blinden Menschen etwas an die Hand zu geben, um die Stadt sowie Größen, Formen und Anordnungen zu begreifen - und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

"Es ist in Zukunft gewissermaßen möglich, einen Spaziergang auf Fingerkuppen durch die Altstadt zu machen", bemerkte Görtz und ergänzte: "Das 'taktile' Stadtmodell ist ein weiterer Schritt zu einer inklusiven Gesellschaft und sowohl für unsere Gäste wie auch für unsere Bürger ein neuer interessanter Anziehungspunkt in der Innenstadt." Einen Großteil der Kosten für das Stadtmodell hat die Maria Kessenboom-Stiftung aus Köln übernommen. Die Stiftung fördert die integrative Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im Bereich Tourismus, Bildung und Kultur. Natürlich steht das Modell aber auch sehenden Menschen zur Verfügung, um die Kernstadt Xantens einmal mit den Händen zu erfahren. "Von oben erschließen sich die städtebaulichen Strukturen einfacher und werden so auch für sehende Betrachter sinnlich nachvollziehbar", so Görtz.

Dabei sind nicht nur übergeordnete Dimensionen der Stadträume wie Straßenführungen, Freiplätze und Höhenentwicklungen fühlbar. Dank der speziellen Gusstechnik mit Goldbronze sind selbst kleinere Details, etwa geschlossene Innenhöfe oder verzierte Dachgiebeln, gut zu ertasten. Die Straßen und wichtige Gebäude ließen sich sogar mit erklärenden Prägungen in Blindenschrift und Normalschrift versehen. Weitere Vorteile von Goldbronze sind seine Wetterbeständigkeit, Unempfindlichkeit und dass es sich auch im Winter gut anfassen lässt. Für sehende Menschen bietet das Material zudem einen besonderen Effekt: "Je häufiger das Modell angefasst wird, desto goldglänzender wird dessen Oberfläche", erläuterte der Künstler.

Aufgestellt ist das 1,70 mal 0,85 Meter große Kunstwerk auf einem Sockel aus Sandstein, dessen Präsenz in den letzten Tagen bereits für Verwirrung sorgte. "Von einem Anschlag durch Außerirdische bis zu einem Denkmal für Bürgermeister Christian Strunk waren die wildesten Vermutungen im Umlauf", erzählte Görtz lachend. Um der Zerstörung durch Graffitis vorzubeugen wurde der rund 3,5 Tonnen schwere Block mit einer speziellen Schicht versehen, auf der Sprühlacke keinen Halt finden. Das Bronzemodell selbst ist relativ unempfindlich. Dennoch appellierte Görtz, sorgsam damit umzugehen.

(beaw)
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