Xanten Blinder zu Gast bei den Medien Scouts

Xanten · Jürgen Fleger ist seit seinem 18. Lebensjahr sehbehindert. Mit neuen Medien wie iPads macht er sich für Inklusion stark.

 Der erblindete Jürgen Fleger (links) erklärt den Schülern von Christian Hauk (hinten Bildmitte) den Einsatz des iPads für Blinde. Rechts: Marc Ziegler, unten Blindenhund Tobi, ein Labrador-Rüde.

Der erblindete Jürgen Fleger (links) erklärt den Schülern von Christian Hauk (hinten Bildmitte) den Einsatz des iPads für Blinde. Rechts: Marc Ziegler, unten Blindenhund Tobi, ein Labrador-Rüde.

Foto: arfi

Spannung ist im Medienraum der Gesamtschule Xanten-Sonsbeck spürbar, als Jürgen Fleger an die 15 Medienscouts im Informatikunterricht seine erste Frage stellt. "Wie viele seid ihr?" Der 41-Jährige aus Marburg ist seit seinem 18. Lebensjahr völlig erblindet und jetzt als Inklusions-Botschafter bundesweit unterwegs. Das Eis bricht schnell, Fleger und die Jugendlichen sind direkt beim Thema des digitalen Medieneinsatzes und den Möglichkeiten, die ein iPad sehbehinderten Menschen bietet, angekommen. Tobi, sein Blindenführhund hat wesentlichen Anteil an der entspannten Situation. Dennoch: Fragen, wie ein blinder Mensch Sehenden eine Präsentation anbieten kann, haben die Jugendlichen im Vorfeld beschäftigt.

"Ich kann es mir noch nicht vorstellen", gibt Marc Ziegler (12) zu. Generell "cool" findet der Alpener Luc Reinicke (12) Jürgen Fleger und sein Projekt. "Ich denke, dass er uns neue Infos über die Möglichkeiten des iPads gibt." Lars van Straalen (14) hat ebenfalls einige Fragen vorbereitet. Erfahrungen mit einem sehbehinderten Menschen und wie der den Alltag meistert, hat er nicht. Lars ist neugierig. "Ich kenne Menschen, die ein Hörgerät tragen oder eine Lernbehinderung haben", sagt er.

Jürgen Fleger ist schnell an dem Punkt angelangt, der die Jugendlichen brennend interessiert. Er erzählt, dass sein Erblindungsprozess mit dem elften Lebensjahr angefangen hat. Mit dem 18. Lebensjahr "war der persönliche Punkt erreicht, mich als blind zu bezeichnen." Seine Schulzeit kannte weder das Phänomen der Integration, geschweige denn die Inklusion. Er kriegte die volle Breitseite ab. "Als Blinder hatte ich sowohl eine Informationsbehinderung wie auch eine Mobilitätsbehinderung." Mit Kindern und Jugendlichen heute in Sachen Inklusion zu arbeiten, macht ihm Spaß und steht unter dem Motto "Endlich mal normal", wie er erzählt. "Junge Menschen sind neugierig und trauen sich verschiedene Sachen eher zu als der Erwachsene", so seine Beobachtungen.

Im Verlauf des Unterrichts klären sich in Windeseile die verschiedenen Fragen der Medienscouts. Fleger arbeitet mit einer Tastatur in Blindenschrift, der Brailleschrift, die mit dem Gerät verbunden ist. Gleiche Chancen sind so im Bildungsprozess blinden und sehbehinderten Schülern in der digitalen Medienwelt gegeben und dienen als alltägliches Instrument zur Inklusion. Fleger zeigt, wie schnell sich das iPad vernetzen lässt, Inklusion und Kommunikation möglich sind. Der 41-Jährige arbeitet mit einem handlichen Apple-Tablettcomputer mit integrierter Sprachausgabe. Schnelle Recherche und neue Informationen sind kein Privileg der Sehenden mehr. Der Spitznamen "Apfel-Fleger" hat in der Szene längst die Runde gemacht. "Apple mit der serienmäßigen Ausstattung sehe ich als Vorreiter in Sachen Inklusion", sagt Jürgen Fleger. Die Apple-Technologie ermöglicht einen Zugang ohne teure Screenreader-Software. Über eine Weiterbildung zum inkludierenden Unterricht in der Informationsgesellschaft kam der Kontakt mit der Xantener Schule zustande. Schulleiterin Regina Schneider und Informatiklehrer Christian Hauck nutzten die Gunst der Stunde und luden Fleger ein. Sein Programm in Xanten war umfangreich. Neben einer Unterrichtseinheit gab es Veranstaltungen für Eltern und Informatiker. Apfel-Fleger arbeitet als Inklusion-Botschafter und ist Redakteur beim Hessischen Rundfunk.

(sabi)
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