Repaircafé in Wülfrath Zum Wegwerfen viel zu schade

Wülfrath · Einmal im Monat können Bürger im Repaircafé der Freien Aktiven Gesamtschule defekte Geräte kostenlos reparieren lassen.

 Wolfgang (r.) und Theodor Waldeyer, die im Wülfrather Repaircafé aktiv sind, kümmern sich um einen Mixer.

Wolfgang (r.) und Theodor Waldeyer, die im Wülfrather Repaircafé aktiv sind, kümmern sich um einen Mixer.

Foto: Dietrich Janicki

Journalist Hans-Joachim Kling wollte eigentlich nur eine Reportage über das Repaircafé schreiben, aber dann hatte seine Gattin eine Idee: Nimm doch einfach den defekten Staubsauger mit. "Also, Jungs, gebt alles", sagt Kling scherzartig zu den anwesenden Schülern, "sonst gibt's heute Abend Ärger." Tom lacht, dann beginnt der Fünftklässler mit der Anamnese des in die Jahre gekommenen Siemens Super XS.

"Ich sehe, ein Standard-Modell", erkennt der Zehnjährige und stellt das Gerät auf den Tisch vor sich. "Was hat er denn für Macken?" "Der Klassiker", antwortet Hans-Joachim Kling, "er zieht das Kabel nicht mehr ein." Gemeinsam mit Uta Wittekind, einer Mutter, schraubt Tom die Abdeckung auf und wirft dem Eigentümer einen ernsten Blick zu. "Der Filter ist aber lange nicht gesäubert worden."

Dann pustet der kleine Tüftler ein wenig Staub zur Seite und legt erst die Platine und dann die Feder frei. Der Gesamtschüler betrachtet sie von allen Seiten, dann folgt eine erste Diagnose: "Die Feder schwächelt." Hans-Joachim Kling schluckt unterdessen. Wie wird seine Frau diese Hiobsbotschaft auffassen?

Egal, ob das Bügeleisen nicht mehr aufheizt, die Kaffeemaschine nur noch braune Brühe produziert oder der Toaster nicht mehr rösten will: die freiwilligen Schüler und Eltern des Repaircafés der Freien Aktiven Gesamtschule gehen stets mit großer Genauigkeit, viel Geduld und vor allem mit viel Leidenschaft vor und werden dabei von Matthias Wunderlich begleitet. Der Lehrer für Arbeitslehre, Technik, Mathe und Physik unterstützt vor allem die jungen Tüftler da, wo sie nicht weiterkommen, gibt Gedankenimpulse, macht Vorschläge. "An unserer Schule verfolgen wir ja eh das Konzept ,hilf mir, es selbst zu tun'", erläutert Wunderlich, "nur so lernen die Kinder wirklich etwas."

Tom liebt es, Probleme auf den Grund zu gehen. "Ich habe schon immer viel mit meinem Papa gewerkelt und kann das hier ganz toll fortführen", sagt der Zehnjährige, während er sich ausgiebig der Feder widmet, verschiedene Dinge daran ausprobiert, sie schmiert.

Theodor Waldeyer packt ihm freundlich auf die Schulter. "Denke nur immer dran, diese Feder ist extrem empfindlich." Der ehemalige Fahrdienstleiter beim Stellwerk der Deutschen Bahn hat einen Enkel an der Gesamtschule, und auch der alte Herr liebt es, sein Wissen auch im Ruhestand an andere weiterzugeben. "Das ist das Schöne, wir beraten mit vielen, jeder bringt seine Kenntnisse ein und am Ende können wir fast alles reparieren."

Ramona Matthews ist die Leiterin des Cafés, hat selbst ein Kind an der Gesamtschule. Für sie hat das ganze Projekt einen enorm hohen pädagogischen Wert. "Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, gerade im Bereich Elektronik. Und Kinder wachsen auch so auf, dass alles neu gekauft wird. Es ist wichtig, dass Kinder wieder lernen, Dinge zu reparieren."

Der Siemens Super XS stellt die großen und kleinen Techniker allerdings vor eine wirkliche Herausforderung. "Wir denken, wir müssen eine neue Feder bestellen", resümiert Tom, "aber die wird es vielleicht einzeln nicht geben." Hans-Joachim Kling zeigt sich stark, schaut den Tatsachen ins Auge. "Sagt es doch gleich: es handelt sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden. Richtig?"

Repaircafé: nächster Termin, 1. Dezember von 15 bis 18 Uhr; Infos unter www. fasw.de

(dani)
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