Analyse Wülfrather machen es wie die Pariser

Wülfrath · Die Große Koalition rettet den Zeittunnel. Die WG mochte nicht über ihren Schatten springen, die FDP verwundert mit merkwürdigen Gegenargumenten. Doch Parteien und Gruppen finden vernünftigerweise bei vielen Themen zusammen.

Wolfgang Peetz war ein Superlativ nicht zu groß, um eine möglicherweise überraschende Wende in der Zeitunnel-Beurteilung seiner Wülfrather Gruppe anzukündigen. Doch seine angekündigte "Sternstunde der Demokratie" war's dann doch nicht, eher eine Sternschnuppe, die schnell wieder verglühte.

CDU und SPD haben bis 2023 das Bekenntnis mit einem finanziellen Rahmenplan abgesteckt. Noch am Vorabend der Ratssitzung hatte die WG einstimmig beschlossen, am nächsten Tag gegen eine Rettung zu sein. Aber: In der Sitzung meldete die WG eine Sitzungsunterbrechung an, um nachzudenken. Über ein mögliches Ja, einer "Sternstunde der Demokratie" eben, weil man sich "möglicherweise von Kämmerer Rainer Ritsche überzeugen lassen könnte", sagte Peetz.

Letztlich blieb die WG bei ihrem Nein. Die Schuldenlast für die nächsten Jahre sei zu hoch, man habe mit der Nachhaltigkeitssatzung eben diese Grenze beschlossen. Ihr Votum hat zu einer Verfestigung der sich seit der Wahl 2014 gefundenen Bündnisse geführt. CDU und SPD stimmen ihre Politik in einer Art Großen Koalition ab, Grüne, FDP und Linke machen manchmal mit. Die WG scheint derzeit in einer isolierten Situation. Man meint sich im Recht, kann aber bei entscheidenden Themen oft nur wenig gestalten.

Die WG nimmt für sich in Anspruch, als einzige Fraktion ihre eigenen Beschlüsse ernst zu nehmen und nicht für eine "Röhre" umzufallen. Die Zukunft wird zeigen, wie der Kreis als Investionshelfer eintritt und das Museum seine herausragende Rolle als Wülfrather Highlight künftig auch ernsthaft wahrnehmen wird.

Highlight? Ja, vielleicht für Auswärtige aber nicht für Wülfrather, meinte Hans-Peter Altmann, der letzte FDP-Mohikaner im Rat. Er stimmt dem Weiterbetrieb nicht zu: "Er hat keinen Nutzen für Wülfrath. Wir reden hier aber über Wülfrath und die Wülfrather." Das Stirnrunzeln war groß in der Ratsrunde ob solch kurzen Blicks bis zum eigenen Tellerrand.

Warum man für andere etwas betreiben solle, fragte Altmann. Man kann das so sehen. Muss man aber nicht. Die Pariser sehen das anders, denn die haben den Eifelturm auch noch nicht abgerissen, obwohl der auch nur so da rumsteht, den Parisern nix bringt, Kosten verursacht und auch immer wieder sauber gemacht werden muss. Geschlossen oder gar abgerissen haben sie ihn noch nicht - obwohl der auch nur was für die Touristen ist.

Altmann glaubt nicht daran, dass der Zeittunnel eine Marke, eine Touristenattraktion für Radfahrer und Wanderer werden kann. Deshalb sein Nein, gepaart mit der Kostenfrage.

Doch Altmann gebührt großer Respekt. Er ist allein seinen Argumenten gefolgt und hat so abgestimmt. Er ist nicht der CDU gefolgt, die ihn in den Ausschüssen dieser Legislatur erst hat überleben lassen. Eigentlich hätte der FDP bei nur einem Ratssitz kein Sitz in einem Ausschuss zugestanden. Die CDU hat in fünf Gremien auf einen ihrer Sitze verzichtet, um den Liberalen die Mitarbeit im Fachausschuss zu ermöglichen. Dankbarkeit in Form von unterstützenden Abstimmungen kann die CDU nicht erwarten. Altmann sei Dank!

Trotzdem rafft sich der Rat, auch wenn er beim Thema Zeittunnel lange und hart diskutiert, immer wieder zu vernünftigen, von allen getragenen Entscheidungen zusammen. Müllthema, Abwasserinvestitionen, Einkaufsgemeinschaft: Alle Parteien und Gruppen sorgten unter anderem bei diesen wichtigen Themen für einstimmige Voten, die die Stadt weiterbringen.

Und da auch Lokalpolitiker oft zurecht mehr Kritik als Lob ernten, ist die Vernunft der Wülfrather hervorzuheben. Statt zur vorgesehenen Ratssitzung am 16. Juni noch eine Sondersitzung sieben Tage später dazuzunehmen, einigten sich alle schnell auf einen Gesamttermin am 23. Juni. Das sparte Kosten in Form von Sitzungsgeldern - und natürlich Freizeit der Ratsmitglieder.

(RP)
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