Wülfrath Tschechow-Lesung mit Musik

Wülfrath · Josef Schoenen stellt den Schriftsteller Anton Tschechow im Café Schwan vor.

 Josef Schoenen servierte im Café Schwan eine musikalische Lesung zum Thema Anton Tschechow, russischer Arzt und Schriftsteller (1860 bis 1904).

Josef Schoenen servierte im Café Schwan eine musikalische Lesung zum Thema Anton Tschechow, russischer Arzt und Schriftsteller (1860 bis 1904).

Foto: dj-

"Danke für den Begrüßungsapplaus. Ich hoffe, ich werde Sie gleich nicht zu sehr aus Ihrer freundlichen Stimmung reißen," beginnt Josef Schoenen augenzwinkernd. Er bezieht sich damit auf die Erzählungen von Anton Tschechow, die er nun vorlesen werde. Der russische Arzt und Schriftsteller (1860 bis 1904) ist dafür bekannt, die Eigenarten seiner Mitmenschen scharf beobachtet und mit spitzer Feder zu Papier gebracht zu haben. Dass dies entlarvend und nicht immer mit Frohsinn verbunden war, versteht sich von selbst.

Da ist etwa der Beamte, der bei einer Opernvorstellung versehentlich seinen Vordermann anniest. Dieser erweist sich als ranghoher Zivilgeneral des Verkehrsministeriums. Als der Beamte sich unterwürfig entschuldigt und der General nur ruppig abwinkt, beginnt eine Spirale, in die sich der Nieser immer weiter hineinsteigert. Über mehrere Tage hinweg sucht er immer wieder den Offizier auf, um sich zu entschuldigen und zu versichern, dass er sich gewiss nicht über ihn lustig machen wolle. Schließlich brüllt der General "Hinaaauuus!" und in dem Beamten "riss etwas entzwei". Er geht nach Hause, legt sich in voller Galauniform ins Bett und stirbt. Tschechow stellt mit dieser Geschichte die ausgeprägte Bereitschaft seiner Landsleute bloß, sich unterzuordnen.

Parallelen zu Preußen und Zuckmayers "Hauptmann von Köpenick" drängen sich auf. Josef Schoenen liest mit verteilten Rollen und so betont mit verstellter Stimme, dass man mit den Protagonisten mitleidet. Dabei hilft auch die Begleitmusik, die er in den Pausen auf der Gitarre spielt und selbst komponiert hat. Für Schoenen gehören Text und Musik zusammen. "Die Musik soll die Stimmung der Geschichte aufgreifen und weiterführen" sagt er. Dem Publikum im Café Schwan gefällt es. Immer wieder ist ein leises Raunen zu hören, mit dem die Damen die Verrücktheiten der handelnden Figuren kommentieren. Etwa die des Ehemannes, der den Seitensprung seiner Frau mit einem Jüngeren belauscht. Mehr als die Untreue an sich regt ihn auf, dass der andere ihn als "Pfau", "Wachhund" und Fettsack" bezeichnet hatte. Er tüftelt eine aufwändige Racheaktion aus und geht damit baden.

Lesungen mit Josef Schoenen finden seit 2013 alle zwei Monate im Café Schwan statt. Wer das Tschechow-Programm noch mal hören will: am 3. September um 19 Uhr tritt Schonen im Café La Pieve in Mettmann auf.

(tpp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort