Wülfrath Sicher ist sicher: Briten wollen deutschen Pass

Wülfrath · Als EU-Bürger kann sich John Abbotts, der seit vielen Jahren in Wülfrath lebt und arbeitet, problemlos einbürger lassen.

 Noch hat John Abbotts, hier mit Frau Monika am Wareplatz in Wülfrath, einen englischen Pass mit dem Zusatz "European Union".

Noch hat John Abbotts, hier mit Frau Monika am Wareplatz in Wülfrath, einen englischen Pass mit dem Zusatz "European Union".

Foto: Dietrich Janicki

Bei den in Deutschland lebenden Briten ist die Furcht vor den Auswirkungen des EU-Austritts ihres Heimatlandes (Brexit) groß. Wie berichtet, verzeichnen alle Städte im Kreis Mettmann einen hohen Anstieg von Anträgen auf Einbürgerung. Zu den Interessenten gehört auch John Abbots aus Wülfrath. Er sorgt sich vor allem um künftige Probleme bei verwaltungstechnischen Angelegenheiten zwischen beiden Ländern.

Und nicht nur, um am Flughafen der Schlange vor dem "Nicht EU"-Schalter zu entgehen. Was sich mit dem Brexit tatsächlich verändern wird, kann aber niemand genau vorhersagen.

Abbotts lebt und arbeitet seit etwa 35 Jahren in Deutschland. Der 63-Jährige hat den Antrag auf Einbürgerung bereits bei der Stadtverwaltung abgeholt. "Ich habe ihn aber noch nicht ausgefüllt", sagte er. Aber er sei fest entschlossen. Sicher ist sicher, denn man wisse nicht, was der Brexit künftig an zwischenstaatlichen Barrieren aufbaue, die längst vergessen schienen. Seinen britischen Pass, auf dem noch "European Union" steht, will er behalten.

Das ist möglich und fällt unter "Mehrstaatigkeit". Von einer "Doppelstaatsangehörigkeit" oder juristisch von einer "Mehrstaatigkeit" spricht man dann, wenn eine Person zwei Staatsangehörigkeiten besitzt - ohne eine davon aufgeben zu müssen.

Laut Gesetz muss eine Person acht Jahre in Deutschland gelebt haben, um eingebürgert zu werden. Nur wenn jemand "besondere Integrationsleistungen" nachweisen kann, zum Beispiel ein hohes Niveau an Sprachkenntnis, kann die Frist auf sechs Jahre verkürzt werden. Die Bundesregierung lehnt bislang Sonderregeln für britische Staatsbürger ab, so wie es die grüne Bundestagsfraktion gefordert hat.

Solange Großbritannien noch in der Europäischen Union Mitglied ist, könne Briten nach geltendem EU-Recht problemlos eingebürgert werden und kann seinen britischen Pass behalten. In der Regel muss nämlich ein Ausländer aua seinem Nicht-EU-Staat seine ursprüngliche Staatsbürgerschaft aufgeben, wenn er in Deutschland eingebürgert werden will. Da niemand weiß, ob wie das Einbürgerungsverfahren nach dem Brexit aussieht, gehen die Briten in Deutschland auf Nummer sicher.

Dazu Arne Sauter vom Büro Landrat: "Wie die Regelungen sein werden, wenn der Austritt aus der EU vollzogen ist, kann man jetzt noch nicht absehen. Auch aus diesem Grund wollen viele Briten noch möglichst schnell eingebürgert werden, um ihre britische Staatsangehörigkeit behalten zu können."

Für Abbotts sind es ganz praktische Gründe, "Deutscher" werden zu wollen: Er sorge sich beispielsweise um die Versorgung seiner deutschen Frau Monika, "falls mir etwas passiert".

Er fragt sich auch, wie künftig die Rentenabrechnung erfolge: Er habe auch Ansprüche aus der Zeit, als er in England gearbeitet habe. Auf solche Fragen gebe es derzeit keine Antworten.

Die Diskussion um den Brexit haben in seiner alten Heimat ganze Familien gespalten, sagte Abbotts. "Die Älteren waren für den Brexit, die Jüngeren sehen in der EU eine große Chance und haben dagegen gestimmt."

Er selbst fürchtet massive Auswirkungen auf den dortigen Arbeitsmarkt: "Die Autoindustrie beispielsweise ist größtenteils in ausländischer Hand."

(RP)
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