Wülfrath/Tallinn "Die Esten nehmen die Schule sehr ernst"

Wülfrath/Tallinn · Für ein Jahr hat Lisa Brunßen ihr Wülfrather Leben gegen das Abenteuer Estland getauscht.

 Seit August lebt die Wülfratherin Lisa Brunßen jetzt in Estland. Mit ihrer Gastfamilie kommt die Schülerin gut zurecht.

Seit August lebt die Wülfratherin Lisa Brunßen jetzt in Estland. Mit ihrer Gastfamilie kommt die Schülerin gut zurecht.

Foto: Dietrich Janicki

"Mir geht es sehr gut hier, ich verstehe mich großartig mit meiner Gastfamilie und unternehme sehr viel mit ihnen. Und das Land ist wirklich wunderschön, ich freue mich sehr auf die nächsten Monate", bilanziert Lisa Brunßen ihren ersten vier Wochen in der Fremde.

Anstelle wie alle ihre Freundinnen in Wülfrath das Gymnasium zu besuchen, hat sich die 15-Jährige für ein Auslandsjahr in Estland entschieden. Seit August lebt sie nun mit ihrer Gastfamilie, also Eltern mit zwei Kindern. "Endlich bin ich nicht mehr die Jüngste."

Der Alltag in Tallinn unterscheidet sich für einen Teenager unwesentlich von dem im Niederbergischen: Frühmorgens aufstehen, denn spätestens um 8.15 klingelt die Schulglocke zur ersten Stunde, Feierabend ist dort gegen 15 Uhr "und danach mache ich etwas mit meiner Gastschwester oder anderen Freunden oder gehe meinen Hobbys nach". Schule wird hier ernster genommen, "zumindest in meiner Stufe, weil am Ende des Jahres sehr wichtige Prüfungen abzulegen sind", die über die weitere Schulkarriere entscheiden. Und die Esten erscheinen ihr unabhängiger.

Unter der Woche sind die Gasteltern schwer beschäftigt, das Wochenende steht im Zeichen der Familie. Dann geht es raus in das weite Land "vor zwei Wochen sind wir zu einer der vielen Inseln gefahren und dort herumgelaufen. Die Landschaft ist unerwartet schön, vor allem die Nähe zum Meer", schwärmt sie.

Auch sonst ist sie angekommen. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich so schnell so gut mit allen verstehe, ob jetzt mit meinen Klassenkameraden oder den anderen Austauschschülern." In Sachen Kommunikation übt sich die Wülfratherin, die Landessprache zu lernen. "Was natürlich einfacher ist, wenn man sie eh jeden Tag hört." Und wo ihr Estnisch nicht ausreicht, weiß sie sich auf Englisch zu helfen.

Die persönliche positive Bilanz wird noch aufgepeppt durch die Kulinarika. "Das Essen ist auch echt gut. Vor allem Brot und Schokolade sind besser als in Deutschland." Allerdings gibt es auch ein paar Kleinigkeiten, an die sie sich gewöhnen muss. "Die Esten sind ziemlich verschlossen - man muss tatsächlich auf sie zugehen, mehrmals hintereinander, bis sie dann anfangen, einen tatsächlich zu akzeptieren." Es ist nicht so, dass sie davor unfreundlich wären, es ist nur eher so, dass sie nicht direkt die Initiative ergreifen würden, beschreibt sie eine unbekannte Introvertierheit.

Und manchmal, klammheimlich, überkommt Lisa Brunßen dann doch ein zart-bitteres Gefühl der Melancholie. "Glücklicherweise habe ich nicht sooo schlimmes Heimweh", erzählt sie tapfer grinsend. "Aber natürlich vermisse ich meine Familie und Freunde sehr." Allerdings ist sie in ihrem neuen Leben mit den neuen Leuten so gut beschäftigt, dass wenig Zeit zum Traurigsein bleibt. "Und ich versuche, nicht mit ihnen zu kommunizieren, wenn ich grade doch Heimweh habe, einfach weil ich befürchte, dass ich es so eventuell schlimmer mache." Deshalb hat sie so etwas wie einen Jour fix eingerichtet. "So etwa alle zwei Wochen, an dem ich mit meinen Eltern und Geschwistern skype. Aber natürlich kriege ich zwischendurch auch mal Nachrichten via WhatsApp oder so", beschreibt sie ihren Draht in die alte Heimat. Eigentlich aber ist alles so gut, dass sie sich auf die bevorstehende Zeit und allen neuen Erlebnisse rundherum freut.

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