Wülfrath Bergarbeiterkind auf der Bühne

Wülfrath · Jez Lowe spielte bei der WüRG am Hammerstein sein erstes Solokonzert in Deutschland.

 Der Singer-Songwriter Jez Lowe gastierte am Mittwochabend bei der WüRG am Hammerstein.

Der Singer-Songwriter Jez Lowe gastierte am Mittwochabend bei der WüRG am Hammerstein.

Foto: Achim Blazy

Hoher Besuch im WüRG-Haus: Der englische Singer-Songwriter Jez Lowe gab sich die Ehre und spielte sein erstes Solo-Konzert in Deutschland überhaupt. Er war schon oft in der Bundesrepublik, in Stuttgart, München, Wuppertal, aber da hatte er immer seine Haus-Band "The Bad Pennies" dabei.

Nun also nur Jez Lowe, ein paar Gitarren zur Auswahl und eine Handvoll Zuhörer. Das heißt nicht, dass der Saal nicht ausverkauft war, aber mit Bestuhlung war eben nur Platz für rund 30 Zuhörer. "Isn't this a great concert hall?" lobte denn auch der Künstler das familiäre Ambiente.

Jez Lowe ist seit 1979 im Geschäft und schreibt vor allem Folk-Songs, die sich mit dem Niedergang der Schwerindustrie in seiner Heimat, dem Durham County im Nordosten Englands beschäftigen. Über Generationen seien alle Männer in seiner Familie Bergleute gewesen, doch "Thatcher finished it all", lästerte er auf der Bühne.

Lowes Lieder klingen mal melancholisch, mal fröhlich-tanzbar, meist mit einem Schuss Ironie. Weil es bei aller Inspiriertheit der Melodien vor allem auf den Inhalt ankommt, erzählte er zu jedem Song eine Geschichte.

In seiner Heimat, dem Land der drei Flüsse, habe es eine große Schiffbauindustrie gegeben. Und immer, wenn ein neues Schiff fertig war, standen die Männer der Region Schlange am Pier, um einen Job für 15, vielleicht sogar 18 Monate zu ergattern. "There's a call on the dock that they're taking on men", heißt es in dem Song.

Geschichtsbücher könnten lügen, sagte Jez Lowe, doch Songs würden immer die Wahrheit erzählen. "Especially when I've written them", scherzte er. Im Kohlebergbau habe es Kumpel gegeben, die zum Ausgleich für die schwere körperlich Arbeit nach der Schicht Gedichte geschrieben hätten. Diese hätte man die "Pitmen Poets" genannt, und so hieß auch das nächste Lied. In feinstem Bruce-Springsteen-Moll sang Lowe den Refrain: "These things I know, for the Pitmen Poets told me so". Kleine Anekdote am Rande: diesen Song habe er vor rund vier Jahren in Deutschland geschrieben. Für das nächste Intro griff Lowe zur Mundharmonika. "Back in Durham Jail" war nach der schwermütigen Ballade "The Pitmen Poets" eine regelrechte Explosion der Lebensfreude.

Lowe, dessen Mutter Irin war, hatte das Lied bereits 1984 geschrieben. Wegen des deutlich irischen Klangs war es später von "The Dubliners" gecovert worden. Und erst kürzlich habe er es in einem Buch namens "Your favourite traditionel Irish Folk Songs" auf Seite 58 entdeckt. Die Iren hatten den Song für sich selbst vereinnahmt. Urheberrechtsklage? "Geschenkt!", winkte Lowe lachend ab. Irgendwie ist es ja auch eine Ehre.

(RP)
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