Stadt Willich Von Glück und Liebesleid im Pariser Künstlermilieu

Stadt Willich · Die beiden Aufführungen von "La Bohème" der Deutschen Oper am Rhein im Neersener Schloss waren ausverkauft.

 Puccinis Oper "La Bohème" wurde 1896 uraufgeführt und wurde zu einem Welterfolg. Das Foto entstand bei der öffentlichen Probe in Neersen.

Puccinis Oper "La Bohème" wurde 1896 uraufgeführt und wurde zu einem Welterfolg. Das Foto entstand bei der öffentlichen Probe in Neersen.

Foto: W. KAISER

Intendant Jan Bodinus hatte allen Grund, mit dem Abschluss der Neersener Schlossfestspiele zufrieden zu sein. Wie gewohnt war die Düsseldorfer Oper zu Gast. Aber anders als in den letzten Jahren wurde nicht eine Auswahl aus dem reichhaltigen Repertoire geboten. Es gab, wie Bodinus formulierte, "die Premiere einer Premiere": eine komplette Opernaufführung, die eigens zu diesem Anlass einstudiert wurde. Damit wurde ein erheblich größerer Aufwand als bisher erforderlich. Das Ergebnis ließ sich sehen - und hören. Zwei Aufführungen wurden von Giacomo Puccinis Oper "La Bohème" angesetzt, beide waren ausverkauft.

Für den Kontakt zur Deutschen Oper am Rhein zeichnet seit Jahren Stefan Heidemann verantwortlich. Der Bariton, der nicht weit vom Schloss entfernt wohnt, stellte das Ensemble für die Einstudierung zusammen. Dabei konnte er diesmal sogar auf ein Familienmitglied zurückgreifen. Seine Tochter Diana-Maria Heidemann konnte ihre Regie-Erfahrung einsetzen und besorgte eine lebendige, stimmige Inszenierung. Deutlich wurden die Charaktere der Handelnden und ihre Beziehungen zueinander gezeichnet, liebevoll wurde das materiell ärmliche und dabei menschlichintensive Bohème-Milieu in Szene gesetzt.

"La Bohème" ist für eine Aufführung in einem kleinen Rahmen bestens geeignet. Man benötigt weder Chor noch Ballett, mit zwei Sängerinnen und vier Sängern kommt man aus. Der Ratssaal von Schloss Neersen bot einen stimmungsvollen Rahmen. Und das Gesangsensemble war bestens besetzt.

Stefan Heidemann übernahm mit seinem kraftvollen Bariton den Maler Marcello, mit einem weiteren Bariton (Daniel Djambazian) war der Musiker Schaunard ebenfalls gut besetzt. Kraftvoll war auch der Bass von Günes Gürle in der Rolle des Philosophen Colline. Mit einer strahlenden Höhe beeindruckte Tenor Ibrahim Yesilay als Dichter Rodolfo. Mit lyrischen und dramatischen Qualitäten gestaltete Geesche Bauer die Rolle der sterbenskranken Mimi. Und als kokett-laszive Musetta gefiel als zweite Sopranistin im Ensemble Stephanie Maria Ott.

Mit großer Spielfreude waren alle sechs bei der Sache, ob sie nun gerade feierten, tranken, tanzten, Schabernack trieben, litten oder stritten. Energisch ging es bei Beziehungsproblemen zur Sache, da wurde auch schon mal vor einem unmissverständlichen Stinkefinger nicht zurückgeschreckt. Wenn der Platz auf der kleinen Bühne zu eng wurde, fand die Auseinandersetzung notfalls auch zwischen den Zuschauer-Stühlen statt.

Natürlich erlaubten weder die räumlichen noch die finanziellen Möglichkeiten ein Orchester; auf Puccinis differenzierte Instrumentierung musste man notgedrungen verzichten. Aber eine sichere Begleitung vom Klavier aus war jederzeit garantiert, dafür sorgte Patrick Chestnut. Als Erzählerin, nostalgisch passend gekleidet im Stil des 19. Jahrhunderts, führte Elisabeth Kuhs charmant und geistreich in die Handlung der vier Akte ein.

Die Veranstaltung am Samstag war rundum gelungen. Das war auch die Meinung des Publikums im Neersener Schloss, das mit langem und herzlichen Beifall seine Anerkennung zum Ausdrucke brachte.

(-tr)
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