Stadt Willich Über den Kicker springen und fliegen

Stadt Willich · Einen für den flachen und schneearmen Niederrhein ungewöhnlichen Leistungssport betreibt Fynn Koenen. Der 14-jährige Anrather fährt mit großen Erfolg Snowboard in der Kategorie Freestyle.

 Fynn Koenen hat den Bogen raus, auf dem Snowboard macht dem 13-Jährigen so schnell keiner etwas vor.

Fynn Koenen hat den Bogen raus, auf dem Snowboard macht dem 13-Jährigen so schnell keiner etwas vor.

Foto: Wolfgang Kaiser

Die Bilder im Zimmer von Fynn Koenen sind spektakulär. Gigatische Alpenpanoramen, vor denen ein Snowboarder mehrere Meter hoch durch die Luft fliegt, zieren die Wände. Auf den Fotos ist nicht irgendein Snowboarder zu sehen, sondern der 14-Jährige selbst.

Seit vier Jahren fährt der Anrather Snowboard in der Kategorie Freestyle - und das mit großem Erfolg. "Ab und zu schlägt das Herz schon schneller, bevor es losgeht. Aber wenn ich einmal gestartet bin, über den Kicker springe und fliege, dann ist nur noch die Freude am Fahren da", sagt Fynn mit leuchtenden Augen, während er seine Tasche für das nächste Training packt. Gerade ist der 14-Jährige aus dem Stubaital gekommen, wo er Contests im Rahmen der Q-Parks-Tour gefahren ist, jetzt geht es für ein langes Wochenende in eine Skihalle in der Nähe von Amsterdam für das obligatorische Training.

"Normalerweise trainiere ich dreimal in der Woche in niederländischen Laandsgraaf hinter Aachen. Aber dort wird gerade der Park für die Freestyler umgebaut, und so muss ich für vier Wochen in die andere Halle ausweichen", erklärt Fynn. Die Hallen in den Niederlanden bieten dabei bessere Trainingsbedingungen als hiesige, und im Training auf Schnee muss Fynn neben dem speziellen Krafttraining sowie dem Trampolinspringen mit seinem Spezialbrett kontinuierlich bleiben. Schließlich steht am heutigen 16. April das Finale der Q-Park-Tour im Dachstein an, für das sich der Anrather qualifiziert hat. Aktuell liegt er auf dem zweiten Platz in der Gesamtwertung.

Aber nicht nur hier hat Fynn sein Talent unter Beweis gestellt. Als jüngster Fahrer im Europacup im November vergangenen Jahres fuhr er in seiner Alterskategorie besser als seine Kollegen vom deutschen Kader, und bei der World Rookies Tour mit internationalen Fahrern schaffte er den Sprung ins vordere Drittel.

Die Leidenschaft für den Sport generell haben ihm seine Eltern mitgegeben. Barbara und Werner Koenen sind begeisterte Skifahrer. Fynn und seine vier Jahre ältere Schwester Chiara sind von Kindesbeines an Ski gefahren. "Mit drei Jahren habe ich angefangen. Aber eigentlich wollte ich schon immer Snowboard fahren. Das haben meine Eltern allerdings nicht erlaubt. Als ich etwas älter war, meinten sie, ich wäre zu klein und es gebe keine so kleinen Boards", berichtet Fynn.

Mit elf Jahren wandert er eigenständig in einen Skiverleih und fragt nach Snowboards für seine Größe. Die gibt es und seine Eltern leihen Ostern 2012 ein erstes Board für ihren Sohn. Mit dem Vater geht es auf die Piste, aber schon nach zwei Stunden findet Fynn alles langweilig. Seine Eltern buchen einen Freestyle-Lehrer für ihn, und damit fällt der Startschuss für seine Passion. "Es hat irre viel Spaß gemacht, und mein Lehrer meinte, ich wäre voll das Talent", erinnert sich Fynn. Es wird ein Video gedreht und an den Deutschen Snowboardverband geschickt. Im Mai ist der damals Elfjährige beim Sichtungstraining für den Nachwuchs dabei und begeistert die Juroren. Fynn kann mit dem deutschen Kader trainieren.

Ein komplizierter Armbruch beim Snowboarden Anfang Dezember 2012 und ein Spiralbruch des Schlüsselbeines im Januar 2013 können seiner Begeisterung keinen Abbruch tun, stoppen aber seine Aktivitäten im Kader, zumal der Anrather nicht in das Internat des Kaders gehen möchte. Es entsteht ein Kontakt zum niederländischen Skiverband, und die Zusammenarbeit mit zwei Snowboardtrainern geht los. Dazu kommt die regelmäßige Teilnahme an den verschiedenen Wettbewerben.

"Bei den Contest ist es einfach immer mein Ziel, meinen Run zu stehen, nicht zu stürzen und nicht letzter zu werden", berichtet Fynn schmunzelnd, während er sein handgefertigtes Board aus Amerika, das ein Eulengesicht ziert, in Richtung Auto trägt. Diesmal geht es mit seiner Mutter in Richtung Amsterdam los. "Mein Mann und ich wechseln uns ab. Jeder der Zeit hat, fährt Fynn", sagt Barbara Koenen. Etliche Tausend Kilometer kommen im Jahr zusammen, denn in der Saison stehen Österreich, Schweiz und Italien auf dem Programm. Aktuell ist Fynn übrigens sehr gespannt. "Ich habe mich als Vorrider beim Arag Big Air Freestyle Festival in Mönchengladbach im Dezember beworben. Ich würde mich riesig freuen, wenn es klappt und ich quasi das Event eröffnen dürfte", berichtet Fynn. Jetzt konzentriert sich der Anrather, der die Mönchengladbacher Rudolf-Steiner-Schule besucht, aber erst einmal auf das Finale der Q-Parks-Tour.

(tref)
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