Stadt Kempen TZN - Kempens unbekanntes Kleinod

Stadt Kempen · Die Auslastung des Technologie- und Gründerzentrums liegt bei mehr als 80 Prozent. Nur das Startercenter sorgt für ein strukturelles Defizit. Wichtig ist die Vernetzung von Firmen, Hochschulen und Studenten.

 Dr. Thomas Jablonski, Geschäftsführer des Technologie- und Gründerzentrums, im neuen Konferenzraum.

Dr. Thomas Jablonski, Geschäftsführer des Technologie- und Gründerzentrums, im neuen Konferenzraum.

Foto: kaiser

Seit 20 Jahren gibt es das Technologie- und Gründerzentrum Niederrhein (TZN) am Industriering Ost in Kempen. Es wurde 1995 errichtet. Gesellschafter ist die Wirtschaftsförderung des Kreises Viersen. Viele wissen bis heute nicht, was genau sich da im Inneren des Gebäudes abspielt. Erklärtes Ziel war es von Anfang an, die Gründung von Unternehmen zu fördern und sie in Ruhe wachsen zulassen, bis sie flügge werden und das TZN verlassen. Eine große Bedeutung hat inzwischen außerdem die Vernetzung von Wirtschaft und Hochschulen und das Heranführen von Studenten an in der Region ansässige Unternehmen. Davon hat sich kürzlich die Ratsfraktion der Kempener Grünen vor Ort überzeugt.

Geschäftsführer Dr. Thomas Jablonski nennt Zahlen: "Von 2008 bis 2014 wurden im Kreis Viersen mit unserer Hilfe etwa 525 Unternehmen gegründet. Davon sind noch mindestens 393 existent." Gehe man sehr zurückhaltend davon aus, dass ein Unternehmen durchschnittlich drei Mitarbeiter beschäftigt, seien etwa 1180 Arbeitsplätze geschaffen worden. Bei jeder Gründung würden außerdem rund 10 000 Euro investiert. "Sieht man die große Bedeutung für den Kreis Viersen, relativieren sich die Kosten schnell."

Das TZN hat eine Auslastung von mehr als 80 Prozent, und das, so Jablonski, in nicht gerade überragender Lage: "Wir haben keine Uni vor der Tür, keine Forschungseinrichtung und keinen unmittelbar vor der Tür liegenden Bahnhof." Die Mietverhältnisse rechnen sich finanziell, die Immobilie lässt sich wirtschaftlich betreiben. Das Defizit kommt woanders her, und das nicht erst seit heute: "Das seit 2008 existierende Startercenter hat sich nie von selber finanziert. Es handelt sich um ein strukturelles Defizit. Das muss jeder wissen." Angesichts der oben erwähnten Zahlen müsse jedem klar sein, dass das TZN dem Kreis eine Menge einbringen - nur eben nicht auf direktem Weg und deshalb für viele nicht wahrnehmbar: "Das TZN ist ein Kleinod, das keiner so recht erkennt."

Jeder Kreis in Nordrhein-Westfalen habe, sagt Jablonski, ein Startercenter. Es ist Ansprechpartner für alle, die im jeweiligen Gebiet ein Unternehmen gründen wollen. Der Wohnort spielt hier keine Rolle. Im Klartext: "Gäbe es im Kreis Viersen kein Gründerzentrum, würde keiner dessen Aufgaben übernehmen." Da wünscht sich Jablonski schon manchmal, dass das TZN besser wahrgenommen wird, nicht nur nach dem Motto "Läuft schon". Der Geschäftsführer wörtlich: "Da werden manchmal die wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht gesehen." Jablonski hat es sich selber auf die Fahnen geschrieben, auf der einen Seite die Unternehmer der jeweiligen Kommunen miteinander zu vernetzen und sie andererseits mit den Hochschulen zusammen zu bringen: "Wissenschafts- und Technologietransfers sind kein Selbstzweck, sondern wichtig für die Wirtschaft im Kreis." In Tönisvorst sei es beispielsweise seit langem üblich, das Unternehmer sich regelmäßig treffen, um ihre Gedanken auszutauschen. In Kempen nähmen, so Jablonski, solche Treffen langsam Form an. Nur so könne man Projekte anstoßen und Dinge entwickeln, die aktuell und wichtig sind: "Wir müssen wissen, womit sich die Unternehmer beschäftigen und was ihre Probleme sind", sagt Jablonski.

Herausragend sei Kempen sogar, was die Zusammenarbeit mit der Fontys in Venlos angehe. Beim "Carreer Day" engagiert sich das TZN, indem es versucht, Studenten und potenzielle spätere Arbeitgeber an einen Tisch zu bekommen. Beim letzten Termin kamen neun von zehn der beteiligten Firmen des Kreises Viersen aus Kempen: "Sie haben einen halben Tag Zugriff auf die Studenten, das TZN hilft bei der Herstellung der Kontakte."

Eines der Leuchtturmprojekte ist das inzwischen längst etablierte "Forum Mittelstand Niederrhein", bei dem Unternehmer zu aktuellen Fragestellungen mit Experten aus der Wissenschaft zusammenkommen. Mit Bussen voller Studenten besucht das TZN Firmen der Region: "Viele Studenten an den Hochschulen wissen gar nicht, welche reizvollen Karrieremöglichkeiten sich bei kleinen und mittleren Unternehmen im ländlichen Raum bieten. Wir wollen den Lotsen machen."

Sehr erfolgreich angelaufen ist die jährlich stattfindende grenzüberschreitende Deutsch-Niederländische Netzwerkmesse, die mit Unstützung des Fördervereins organisiert wird. Die nächste Veranstaltung dieser Art soll in Venlo stattfinden, weil die Holländer sich das so wünschen: "In den Niederlanden ist man traurig, nicht über Einrichtungen wie das TZN zu verfügen", sagt Thomas Jablonski.

(RP)
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