Heimat in Willich Staub gehört einfach dazu

Stadt Willich · Im Willicher Nutzfahrzeugmuseum an der Gießerallee 9 stehen die Exponate dicht an dicht: Omnibusse, Fern- und Kleinlaster oder Traktoren. In der Werkstatt nebenan schrauben die Mitglieder des Vereins "Halle 31" an den Fahrzeugen.

 Es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis der NWF-Stromlinienbus restauriert ist. Das "Grundgerüst" steht schon.

Es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis der NWF-Stromlinienbus restauriert ist. Das "Grundgerüst" steht schon.

Foto: Marc Schütz

Klaus Rabe schiebt fürs Foto noch schnell ein paar Paletten mit Zeitschriften zur Seite und fährt den Privatwagen eines Mitarbeiters aus der Halle. Im Willicher Nutzfahrzeugmuseum im Stahlwerk Becker geht's eher hemdsärmelig zu - die knapp 30 Exponate stehen nicht auf Hochglanz poliert auf Podesten oder Drehscheiben, sondern dicht an dicht, sind teilweise mit Staub bedeckt. Denn die Halle dient nicht nur schon mal als Zwischenlager für Rabes Nutzfahrzeug-Zeitschriften-Verlag, sondern hier wird auch an den Fahrzeugen gearbeitet. Und beim Schleifen staubt es eben ordentlich.

 Der Lloyd LT 600 stand einmal in einem Bierauto-Museum in der Wallonie.

Der Lloyd LT 600 stand einmal in einem Bierauto-Museum in der Wallonie.

Foto: Marc Schütz

Einen beeindruckenden Vorher/Nachher-Vergleich sehen die Besucher in der Mitte der Halle. Vorn steht ein blauer Reisebus von Büssing, der 1955 gebaut wurde und jetzt wieder so aussieht, als wäre er gerade erst "vom Band gelaufen". "Locker tausend Arbeitsstunden stecken da drin", sagt Rabe stolz über das Restaurationsobjekt, das vor einigen Monaten fertig wurde. Mitglieder des Vereins "Halle 31" haben den Bus liebevoll in seinen Originalzustand zurückversetzt. Direkt hinter dem blauen Büssing (mit dem Volkswagen damals seine Mitarbeiter abholte) steht das nächste Projekt des Vereins: ein Stromlinienbus der Firma NWF (Nordwestdeutscher Fahrzeugbau).

Auch dieses Projekt wird einige Jahre in Anspruch nehmen, denn der Bus, den Rabe und seine Vereinskollegen aus Frankreich geholt haben, ist in einem desolaten Zustand. "Der Vorbesitzer wollte ein Wohnmobil daraus machen und hat das Dach abgeschnitten", sagt der 62-Jährige. Das Projekt scheiterte aus einem einfachen Grund: Der Bus hat eine selbsttragende Karosserie - und die "kollabiert", wenn man tragende Elemente entfernt. Rahmen und Dach haben die Willicher inzwischen rekonstruiert, der ganze Rest liegt noch vor ihnen. Die passenden Sitze stehen übrigens schon bereit, sie wurden gerade aus München geholt.

 Der "Südwerke Mustang" mit den drei Ringen der Firma Krupp und ein Möbeltransporter von Büssing.

Der "Südwerke Mustang" mit den drei Ringen der Firma Krupp und ein Möbeltransporter von Büssing.

Foto: Marc Schütz

Klaus Rabe hat sich mit dem Museum einen Traum erfüllt. Im Jahr 2000 zog er mit seinem Verlag aus Köln ins Stahlwerk Becker, weil er hier größere Räume gefunden hatte. Diese wurden denkmalgerecht renoviert und bieten neben seiner Firma und einem umfassenden Lkw- und Traktor-Archiv auch dem Museum Platz. Durch die Gründung des gemeinnützigen Oldtimer-Vereins "Halle 31" und der Tatkraft der rund 15 Mitglieder lassen sich seither auch große Restaurationen stemmen.

"Der Verein und das Museum bieten auch denjenigen die Gelegenheit, ihrem Hobby nachzugehen, die das aus Platzgründen zu Hause nicht können. Ein Lastwagen lässt sich schließlich schlecht in der Garage unterbringen", sagt Klaus Rabe. Er selbst hat Deutsch und Geschichte studiert, Traktoren und Lastwagen faszinierten ihn jedoch schon, als er noch ein Junge war. Ein Traum ging für ihn in Erfüllung, als er einen Hanomag-Trecker von 1936 kaufte. Mithilfe eines solchen Modells wurde auf dem Dorf in Westfalen immer die Kirmes aufgebaut, als er noch klein war, erinnert sich Rabe. "Im Museum stelle ich gewissermaßen meine Erinnerungen weg. Und wir erhalten auf diese Weise Kulturgut."

 Klaus Rabe vor dem damals größten Fernlaster: dem Faun L8L mit Deutz-Motor von 1952.

Klaus Rabe vor dem damals größten Fernlaster: dem Faun L8L mit Deutz-Motor von 1952.

Foto: Marc Schütz
Heimat in Willich: Staub gehört einfach dazu
Foto: Marc Schütz

Um dieses Kulturgut der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, organisiert der Verein drei- bis viermal im Jahr Tage der offenen Tür, zu denen immer einige Hundert Besucher und zahlreiche Aussteller kommen. Der nächste ist am Sonntag, 27. November, ab 10 Uhr. Ansonsten ist das Museum werktags zu den Bürozeiten des Verlages (9 bis 17 Uhr) zu besichtigen. "Es kommen auch öfter andere Vereine, und denen bieten wir nach telefonischer Anmeldung auch Führungen an", sagt Rabe. Eintritt verlangt der Verein für den Besuch im Museum nicht, aber es gibt eine Spendendose. "Eintritt wollen wir nicht verlangen. Dafür ist unser Museum nicht professionell genug", sagt Rabe. Doch gerade das Provisorische gefalle vielen Besuchern. Schließlich ist so ein Laster ein Nutzfahrzeug - und kein auf Hochglanz polierter Ferrari.

(RP)
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