Stadt Willich Sozialarbeit: Von Gentsch zu Genz

Stadt Willich · In ihrem Jubiläumsjahr verabschiedet sich Marita Gentsch. Die Gemeindesozialarbeiterin des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen geht nach 25 Jahren Mitarbeit in den Ruhestand. Politiker hätten kaum das Gespräch gesucht.

 Vor der Schiefbahner Begegnungsstätte an der Hochstraße 67: Marita Gentsch (roter Schal) mit ihrem Team.

Vor der Schiefbahner Begegnungsstätte an der Hochstraße 67: Marita Gentsch (roter Schal) mit ihrem Team.

Foto: W. KAISER

Der Willicher Marktplatz, die Tafel, der Tauschring, das Freiwilligen-Zentrum, Von mir zu dir, Plan A, Johannesschüler engagieren sich, der Weihnachtswunschbaum, ein Treff für alleinerziehende Mütter, die Begegnungsstätte Schiefbahn, das Café International, die Brücke - wenn Marita Gentsch auf die vergangenen 25 Jahre zurückblickt, dann kann sie Dutzende von Projekten aufzählen, die unter ihrer Regie entstanden sind. Doch mit ihr als Gemeindesozialarbeiterin des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen wird es keine weiteren neuen Projekte geben. Die Schiefbahnerin verabschiedet sich nämlich in die Rente.

Nachdem sie 25 Jahre für den Caritasverband tätig war, heißt es genau an ihrem 65. Geburtstag, dem 31. August, bei Kaffee und Kuchen in der Schiefbahner Begegnungsstätte auf Wiedersehen. "Alles, was ich derzeit tue, mache ich zum letzten Mal. Das ist schon ein komisches Gefühl", sagt Gentsch mit etwas Wehmut in der Stimme. Leicht fällt der 64-Jährigen der Abschied nicht. Zu viele Erinnerungen hängen an dem Vierteljahrhundert. Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen, die Gentsch nicht vergessen kann und die sie ein stückweit mit geprägt haben.

"Ich bin jeden Tag mit Begeisterung zur Arbeit gegangen. Ich habe hier sehr gerne gearbeitet, wenn es auch nicht immer leicht war. Es gab Situationen, da habe ich im Büro gesessen und bitterlich geweint. Gerade am Anfang war es schwer. Stadt und Politik haben mir so manchen Stein in den Weg gelegt. Aber ich habe mich nie unterkriegen lassen", sagt Gentsch. So erinnert sie sich noch heute an eine Situation im Sozialausschuss der Stadt Willich. Damals baute sie gerade mit viel ehrenamtlicher Unterstützung das Freiwilligen-Zentrum auf. Es war unheimlich viel Arbeit, und sie sollte im Ausschuss über den Stand der Dinge referieren. Doch statt Interesse und anerkennender Worte gab es von Seiten der Politik nur die böse Bemerkung, ob sie nicht mehr geschafft hätte. "Die Mischung aus Wut, Ärger und Traurigkeit ließen mir im Ausschuss die Tränen in die Augen treten. Kaum jemand von politischer Seite hat uns einmal im Büro besucht, Interesse bekundet und das Gespräch mit uns gesucht", bedauert Gentsch.

Wohlwohlende Unterstützung gab es nach den Anlaufschwierigkeiten aber von Seiten der Stadt. Gentsch betont, dass sie ohne ihr Team und die vielen ehrenamtlichen Helfer all diese Dinge, die im Laufe der Jahre entstanden sind, gar nicht hätte auf die Beine stellen können. Vom Team gibt es indes Lob, dass die studierte Sozialarbeiterin immer für Ideen offen gewesen und diese unterstützt hätte. "Die Atmosphäre war eine besondere", sagt Mitarbeiterin Angelika Uth-Flatow. Viele bewegende Erinnerungen und auch Aha-Erlebnisse sind mit der Arbeit verknüpft. Der Aufbau der Begegnungsstätte, bei der Gentsch jeden Tag Entwicklungsschritte sehen konnte, der Spaß, den die Organisation des Projektes Marktplatz mit sich brachte - wenn Gentsch auf die einzelnen Projekte zurückblickt, dann strahlen ihre Augen. Ein absolutes Aha-Erlebnis gab es, als eine junge Frau, die finanziell völlig am Ende war, sich an die Gemeindesozialarbeiterin wandte. "Ich gab ihr 200 Euro vom Caritasverband, die sie behalten durfte. Monate später kam diese Frau zurück und überreichte mir 250 Euro mit den Worten, ihr habe das Geld damals so geholfen, nun wolle sie es zurückgeben und mit den 50 Euro solle ich anderen Menschen helfen, die vielleicht in einer ebensolchen Lage wären, wie sie es damals war", erzählt Gentsch.

In all den Jahren waren der engagierten und dynamischen Gemeindesozialarbeiterin die Vernetzung und die Kooperation wichtig. Auf diesem Weg ist ein Netzwerk entstanden, auf das weiterhin aufgebaut werden kann. Die Nachfolge von Gentsch tritt dabei Melanie Genz an, die bereits seit anderthalb Jahren zum Team gehört.

(tref)
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