Stadt Willich Sachliche und konstruktive Diskussion

Stadt Willich · Das Thema ist schwierig, aber die Behandlung im Rat war sachlich und konstruktiv: Betroffene Bürger und Politiker sprachen über Standorte und Integrationskonzepte für neue Asylbewerber-Unterkünfte.

Die Stadt will um die neun Reihenhäuser für Asylbewerber an der Fontanestraße Baurecht für Privathäuser schaffen. Die Nachbarn sind enttäuscht, dass die von ihnen gewünschte Verteilung der Sozialwohnungen auf der Fläche nicht umgesetzt wird.

Die Stadt will um die neun Reihenhäuser für Asylbewerber an der Fontanestraße Baurecht für Privathäuser schaffen. Die Nachbarn sind enttäuscht, dass die von ihnen gewünschte Verteilung der Sozialwohnungen auf der Fläche nicht umgesetzt wird.

Foto: Kaiser

Der Willicher Rat hat Standorte für die temporäre und dauerhafte Unterbringung von Asylbewerbern festgelegt. Wie berichtet, fiel die Entscheidung für je zwei dauerhafte Standorte in Schiefbahn (Rubensweg, Fontanestraße) und Neersen (Am Bruch, Mutschenweg) sowie den temporären Standort in Willich (Moltkestraße) dem in der Sitzung vorgelegten interfraktionellen Antrag folgend und fast einstimmig.

Die Ratssitzung am Donnerstagabend war vorher jeweils unterbrochen worden, um den Bürgervertretern ein Rederecht zu ermöglichen. Alle Bürgervertreter betonten, dass ihre Gruppen (Mutschenweg, Fontanestraße, Am Bruch) konstruktiv an der Integration mitarbeiten wollten. Volker Kupke (Niers-/Mutschenweg) kritisierte, dass der gewählte Standort für vier Mehrfamilienhäuser nicht ortskernnah liege und eine Getto-Bildung begünstige - unter anderem, weil die nächste Bushalte-Stelle 800 Meter und der Lebensmittelmarkt einen Kilometer weit weg liegen. Die Anwohner wünschten sich auf der Fläche erst eine temporäre Bebauung, "um dann zukunftsorientiert zu bauen". Er beantragte eine Verschiebung über die Standortfrage.

Marc Puschmann (Schiefbahn- Nord) betonte, die Anwohner seien nicht gegen die Bebauung, aber sie wollten eine "Beteiligung, Konkretisierung und Verbesserung". Daher hätten sie einen alternativen Bebauungsentwurf entwickelt, bei dem die geplanten neun Häuser nicht in Reihe gebaut, sondern über das insgesamt größere Baugebiet verteilt werden sollten. Das Konzept sei nicht neu, sondern "es gibt ein Kasseler Modell, das funktioniert". Weitere Frage war, ob nach der Verschiebung im Haupt- und Finanzausschuss jetzt wirklich alle Fragen geklärt seien. Sonja Ulland (Am Bruch) erklärte, die Nachbarschaft sei sich einig, Hilfe zu geben. Die Anwohner wünschten sich ebenfalls eine bessere Verteilung der Gebäude im Baugebiet.

Beim folgenden Tagesordnungspunkt wurde den Zuhörern der interfraktionelle Antrag kurz dargestellt und ausgehändigt. Wie berichtet, sollen die Bereiche Fontanestraße und Am Bruch baurechtlich verankert werden, damit bald der Bau von Privathäusern möglich ist und die Asylbewerberunterkünfte eingebunden werden. Dafür soll der Planungsausschuss im Dezember Aufstellungsbeschlüsse fassen. Weitere Elemente sind der Verzicht auf weitere Asylbewerberunterkünfte in diesen Bereichen, keine Überbelegung, "runde Tische" mit den Anwohnern an allen fünf Standorten und die Erarbeitung eines Betreuungs- und Integrationskonzeptes. Das Konzept stellt die Verwaltung am Dienstag im Sozialausschuss vor.

Dann nahmen die Fraktionsvorsitzenden Stellung: Keiner stellte die Standorte infrage. Johannes Bäumges (CDU) hob hervor, dass die Anwohner über die runden Tische eingebunden werden. Bernd-Dieter Röhrscheid (SPD) sagte, für seine Partei seien die Standortfragen geklärt, und er bedauere, dass kein privater Eigentümer ein Grundstück zur Verfügung gestellt habe. Gebraucht werde die Hilfe der Bürger bei der Integration in Kita, Grundschule und OGS und die Hilfe der Wirtschaft durch Arbeitsplätze. Dr. Raimund Berg (Grüne) dankte den Nachbarn für die Kooperationsbereitschaft. Asylbewerberunterkünfte seien eine massive Veränderung in einer Nachbarschaft, aber er erwartet in einigen Jahren einen Mehrwert durch die neuen Bürger. Hans-Joachim Donath (FDP) wies darauf hin, dass die Asylbewerber vor dem gleichen Terror fliehen, vor dem auch die Deutschen Angst hätten. Eine weitergehende Dezentralisierung sei nicht möglich. Bei der Abstimmung scherten lediglich Nanette Amfaldern und Dr. Robert Brintrup aus. Beide betreuen für die CDU Wahlkreise in Neersen. Sie sahen die Integrationsfrage nicht ausreichend geklärt - etwa in Kitas und Schulen - und wollten eine stärkere Dezentralisierung. Amfaldern räumte ein, dass sie als Wahlkreis-Betreuerin und Anwohnerin spreche und votiere.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Bäumges sagte dazu gestern: "Als Volkspartei haben wir intensiv um Argumente und Positionen bis zuletzt gerungen. Ich habe die Kollegen so verstanden, dass sie am Ende entschieden haben, die Interessen eines Teils der Bürger ihrer Wahlkreise zu vertreten und in den Vordergrund zu stellen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort