Stadt Willich Rudi Tillmanns und die Braumeister

Stadt Willich · In seinem zweiten Buch schreibt der Schiefbahner Heimatforscher über die vielen Braumeister seiner Familie und derer von Stammen in den vergangenen Jahrhunderten.

 Der 90-jährige Rudi Tillmanns arbeitet gerade an seinem zweiten Buch, das in etwa einem halben Jahr erscheinen soll. Es trägt den Titel "Mein Schiefbahn, was hast du alles erlebt".

Der 90-jährige Rudi Tillmanns arbeitet gerade an seinem zweiten Buch, das in etwa einem halben Jahr erscheinen soll. Es trägt den Titel "Mein Schiefbahn, was hast du alles erlebt".

Foto: Wolfgang Kaiser

Hopfen und Malz, Gott erhalt's - den Spruch kennt man. Den Gerstensaft ließ man sich früher auch in der Gasstätte "Zum alten Brauhaus" schmecken. Hinter der Theke beziehungsweise in der eigenen Brauerei standen seit 1633 insgesamt neun Generationen der Familien Stammen und Tillmanns. Einer der Nachfahren, der heute 90-jährige Rudi Tillmanns, war eigentlich kein Wirt, schnappte nur von Erzählungen oder eigenen Beobachtungen vieles auf, was im Dorf passierte. Gerade schreibt der Ur-Schiefbahner an seinem zweiten Buch.

Da wir schon einmal bei Gott sind: Vor wenigen Monaten, als die Heimatfreunde bei ihrem traditionellen Mai-Fest zum Mundart-Gottesdienst einluden, trat Rudi Tillmanns selbst ans Mikrofon, wünschte sich in Plattdeutsch, dass ihm der da oben die Kraft gäbe, das zweite Buch zu vollenden. Er ist kurz davor. "Ich hoffe, in etwa einem halben Jahr ist es so weit", sagt "Stammen Rudi" - unter diesem Namen ist er noch vielen Alt-Schiefbahnern bekannt. Sein erstes Buch hieß "Ich bin ein Schiefbahner Junge", jetzt legt er mit "Mein Schiefbahn, was hast du alles erlebt" nach.

Diesmal schreibt Tillmanns in erster Linie über die vielen Braumeister seiner Familie und derer von Stammen in den vergangenen Jahrhunderten, ergänzt um besondere Ereignisse im Dorf zur damaligen Zeit und ihm überlieferte Geschichten. So beispielsweise über den verheerenden Brand 1784, über die Gründung des Schiefbahner Theatervereins oder des Hopfenbauvereins im Jahr 1864. Erster Braumeister des Stammen-Lager-Altbieres war 1633 Borchardt Stammen. Und nahezu 200 Jahre später, nämlich im Oktober 1811, soll sogar der französische Kaiser Napoleon das würzige Alt aus dem Brauhaus dem für ihn bitteren Rotwein vorgezogen haben. Aber auch Gerhardt Vynhoven, der die Kapelle "Klein Jerusalem" baute, war früher ein gerngesehener Gast.

Was hat ihn zum zweiten Buch veranlasst? "Einige hatten nach meinem Erstlingswerk eine Fortsetzung gewünscht, aber die treibende Kraft dafür war meine Liebe zu meinem Heimatort", meint der Autor. Kraft hat ihm aber auch seine Ehefrau Irmgard gegeben, mit der er seit 59 Jahren verheiratet ist. Rudi Tillmanns dankt ferner den Heimatforschern Jakob Germes und Dr. Ludwig Hügen, deren Quellen er bei der Dorfgeschichte einige Male nutzte, sowie dem Stadtarchivar Udo Holzenthal. Viele seiner Erinnerungen hatte er von seinem Vater Peter. Und da ist noch Niclas Gawenda, der kürzlich am St.-Bernhard-Gymnasium sein Abitur gemacht hat. Regelmäßig kommt Niclas vorbei, nimmt sich die handschriftlichen Aufzeichnungen von Rudi Tillmanns mit und überträgt diese zuhause am Computer.

Der Kölner Kurfürst Ferdinand von Habsburg hatte den Stammens einst das Brauen erlaubt. Ein Bier zu "exen", also das Glas in einem Schluck auszutrinken, war früher verpönt. Man sollte es vielmehr in kleinen Schlucken genießen. Nicht die beste Erinnerung an den Gerstensaft hatten allerdings im Jahr 1661 diejenigen direkten Anwohner, die sich weigerten, beim Ausbau eines Weges am Anrather Hagwinkel mit anzupacken. Der Liedberger Vogt und Richter bestrafte sie folgendermaßen: Jeder Verweigerer musste eine "Teutten Bier" (das entsprach vier Quarts, etwas mehr als viereinhalb Liter) für alle Anwohner zahlen, die einst am Hagwinkel wohnten.

Man erfährt im Buch unter anderem etwas über den Mordanschlag auf den Schiefbahner Wirt Friedrich Sürder im Mai 1849, über die Spezialität der "Sürder Moppen" oder über einen Streit, den es 1905 über die Höhe des Freibieres mit dem Gesangsverein "Cäcilia" gab. Außerdem wird an einige amouröse Begebenheiten im einstigen Brauhaus erinnert, das leider 1990 geschlossen wurde. Wer dies lesen möchte, muss sich noch etwa sechs Monate gedulden. Der Herausgeber des Buches werden die Heimat- und Geschichtsfreunde Willich, vormals Schiefbahn, sein.

(wsc)
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