Stadt Willich Radsport - der "Blitz" aus Schiefbahn

Stadt Willich · Schon in den 30er-Jahren gab es die ersten Erfolge im Kunstradfahren. Der Verein, der auch Radball anbietet, ist für viele zu einer regelrechten Familie geworden.

 Die Kunstradfahrer des RSC Blitz begeistern regelmäßig mit ihren teils waghalsigen "Fahrmanövern".

Die Kunstradfahrer des RSC Blitz begeistern regelmäßig mit ihren teils waghalsigen "Fahrmanövern".

Foto: Peter van Bohemen

Bei deutschen Titelkämpfen standen schon in den 1930er-Jahren Kunstradfahrer des Radsportclubs "Blitz" auf der obersten Stufe des Siegerpodiums. Sie sorgten auch in der Folgezeit dafür, dass der Name von Schiefbahn weit hinaus getragen wurde. Was aber weiterhin bei allen Erfolgen genauso wichtig geblieben ist: Dieser Verein war und ist für viele so eine Art Familie geworden, in der man sich wohlfühlt und mit der man sich anschließend gern trifft und etwas unternimmt.

Obwohl Kunstradfahren und Radball nicht zu den Hauptsportarten in Deutschland gehören, haben es doch viele Männer und Frauen der ersten Stunde im "Blitz" verstanden, ihre Liebe zu diesem Verein an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Und das teilweise schon in dritter Generation. Ein Beispiel von vielen ist der heute 72-jährige Hans-Josef Juntermanns, der selbst lange Zeit Radball gespielt und jahrzehntelang im Blitz-Vorstand war. Seine Töchter Ruth (43) und Petra (40) waren erfolgreiche Kunstradfahrerinnen. Ruth ist derzeit Trainerin in der Abteilung des Kunstradfahrens, Schwester Petra sitzt bei Turnieren oder anderen Wettbewerben im Kampfgericht. Und die beiden Kinder der Zwei, die zwölfjährigen Jannis und Robin, haben gerade mit dem Radball angefangen. Übrigens hatte Ruth ihren Ehemann, Jochen Leusch, der bei Adler Neuwerk auf dem Kunstrad gesessen und schon mal Deutscher Meister gewesen war, durch den Sport kennengelernt.

Die Historie des Vereins mit seinen derzeit über 110 Mitgliedern fängt im Jahr 1932 an. Zu den Gründern gehörten unter anderem Josef Beschoten, Richard Frehn, Johann Hecker und Max Ungermanns. Vor allem die Brüder Johannes und Albert Beschoten müssen zu dem Zeitpunkt schon einige Male auf ihren Rädern Kunststücke probiert haben. Denn noch im Gründungsjahr holte sich Johannes Beschoten in Magdeburg die Deutsche Meisterschaft im Einer-Kunstfahren, anschließend mit Albert auch den Triumph im Zweier. Max Ungermanns hieß der erste Vorsitzende. Trainiert wurde in den Anfängen im Gesellschaftshaus der Verseidag oder im "Haus der Jugend", der heutigen Kulturhalle.

Noch oft sollten sich mit stolzer Brust Sportler aus Schiefbahn die Deutsche Nationalhymne hören. Erst waren es die Beschoten-Brüder, die mehrmals erfolgreich ihre Titel verteidigten. Dann rückten andere auch aus der Jugend nach. Nach dem Krieg ging es langsam wieder aufwärts und blieben die Erfolge nicht aus. Allein in den Jahren 1959 bis 1968 holte sich Blitz 21 deutsche Meistertitel.

Der Radball war schon kurz vor dem Zweiten Weltkrieg dazugekommen. Einige wichtige Wegbegleiter hießen Heinrich und Otto Janssen, Willi Noetges und Albert Birken. 1957 freuten sich Gerd Brockmann und Hans-Gerd Leenen über die Silbermedaille bei den Deutschen Meisterschaften. Ein Jahr später wurde diese Sportart von Blitz sogar bei der Weltausstellung in Brüssel präsentiert; so wie es bereits die Brüder Beschoten im Rahmenprogramm der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin gezeigt hatten.

Die Jugend war es, die erst einmal bei den Radballern groß auftrumpfte: Franz-Peter Baumanns und Willi Sattler wurden erst 1979 zu deutschen Schülermeistern, dann 1981 zu deutschen Jugendmeisterin und sogar 1983 zu Siegern bei der Junioren-Europameisterschaft in Frankreich. Spitze ist Blitz beim Radball nach wie vor: Seit zwei Jahren spielen Sven Holland-Moritz und Marius Hermanns in der Ersten Bundesliga.

"Ich habe bei diesem Verein immer das Familiäre und den großen Zusammenhalt geschätzt", sagt Herbert Kaulen (65), der von 1987 bis 2003 der Blitz-Vorsitzende war. Kaulen ist heute Ehren-Vorsitzender, genauso wie es unter anderem Karl Baumanns zu Lebzeiten einer vor. Karl Baumanns war damals ein Schornsteinfeger, begeisterter Radsportler und ein Impulsgeber für ein Ereignis, zu dem in guten Zeiten über 7000 Pedalritter nach Schiefbahn fuhren. Denn von 1972 bis 2000 veranstaltete Blitz in jedem Jahr das "Willicher Volksradfahren". Eine Gaudi und unvergessene Events, denen es dann viele andere Vereine nachmachten. 2000 gab es in Schiefbahn das letzte der insgesamt 29 Volksfeste.

Bei Blitz wird außerdem die Radtouristik angeboten. Was sich alljährlich wiederholt und schon lange das gesellschaftliche Highlight des Vereins ist: das Stiftungsfest, das zu Beginn eines jeden Jahres in der Kulturhalle große Beachtung stattfindet. Aber auch durch die Ausrichtung zahlreicher nationaler als auch internationaler Meisterschaften oder Turniere hat sich Blitz in den vergangenen Jahrzehnten einen Namen gemacht.

Derzeitiger Vorsitzender ist seit längerem Stephan Güthues. Heutzutage ist es ein wenig ruhiger geworden, schätzt Schatzmeister Ulrich Heinen die Mitgliederzahl auf etwa 115. Allerdings sind die meisten davon sportlich aktiv: Es gibt zehn Radball-Teams mit rund 35 Sportlern, rund 15 Kunstradfahrerinnen und etwa 20 Radtouristikfahrer und -fahrerinnen. Nach wie wird neben dem Sport die Geselligkeit auch nach dem Training oder den Meisterschaftsspielen geschätzt. Vereinslokal ist nach wie vor die Gaststätte "Em Tömp".

(RP)
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