Stadt Willich Plastiktüten haben ihren Preis

Stadt Willich · Innerhalb der nächsten zwei Jahre sollen 80 Prozent der Plastiktüten im Einzelhandel kostenpflichtig sein. Viele Händler in Willich und Tönisvorst setzen das bereits um. Auch viele Kunden sind umweltbewusster geworden.

"Das kommt nicht in die Tüte" - dieser saloppe Spruch steht dafür, dass man etwas für ausgeschlossen hält. Immer mehr Kunden, die gerade beim Shoppen sind, denken mittlerweile genauso. Es geht diesmal um die Plastiktüte, die es bislang oft kostenlos zu den Einkäufen dazu gab. Die Zeiten sind vorbei, die Gratistüten sind größtenteils abgeschafft.

Mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass neben der Herstellung die Entsorgung des Plastikmülls ein immer größer werdendes Problem für die Umwelt wird. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen landen mehr als 6,4 Millionen Tonnen dieses Mülls in den Ozeanen, wodurch Meere und Küsten, Fauna und Flora gefährdet werden. Laut Umweltbundesamt werden allein in Deutschland pro Kopf und Jahr mehr als 70 solcher Tüten verbraucht. Daher gibt es seit 1. Juli eine EU-Richtlinie, diesen Pro-Kopf-Verbrauch deutlich zu reduzieren, auf 40 Tüten bis zum Jahr 2025. Innerhalb der nächsten zwei Jahre sollen in einem ersten Schritt 80 Prozent der Kunstsstofftüten im Einzelhandel kostenpflichtig sein.

In Willich wird in einigen Geschäften entweder ganz auf die Plastiktüte verzichtet oder eben Geld dafür verlangt. Was die Umfrage der RP allerdings auch zeigt: Viele Kunden lassen nicht mehr automatisch das Gekaufte in die Plastiktüten packen, sondern sind umweltbewusster geworden. Oft werden eigene Stofftaschen oder Körbe mitgebracht.

Ein anderes Kundenverhalten bestätigen unter anderem der Geschäftsleiter des St. Töniser Rewe-Marktes, Hans-Joachim Zielke, und der Chef des großen Real-Marktes an den Höhenhöfen, Karl-Josef Janssen. Bei Rewe werden seit einigen Wochen keine neuen Plastiktüten mehr verkauft, dafür mehr Papiertüten oder Jute-Taschen. Zielke ergänzt: "Die Kunden nehmen das an, viele bringen ihre eigenen Behälter mit." Und sein Kollege von Real, Karl-Josef Janssen, führt aus, dass bei den normalen Einkäufen schon seit Längerem die Plastiktüte 19 Cent kostet. Allerdings gebe es derzeit noch an den vier SB-Kassen, an denen die Kunden selbst die Waren über den Scanner ziehen, noch kostenfreie Kunststofftüten. "Voraussichtlich 2017 sollen in allen Real-Märkten mit Selbstbedienungskassen, die dort für die Kunden bislang kostenlos zur Verfügung stehenden Plastiktragetaschen, abgeschafft werden", heißt es aus der Real-Zentrale in Mönchengladbach.

"Wir haben auf die Vereinbarung schon längst reagiert, in einigen unserer Geschäfte gibt es überhaupt keine Plastiktüten mehr", sagt der Vorsitzende des St. Töniser Werberings, Stefan Robben, der in seinem Ladenlokal an der Hochstraße Herrenmode verkauft. Auch er selbst gehe jetzt viel bewusster damit um: "Früher habe ich ganz automatisch das Hemd, das der Kunde bei mir gekauft hat, in eine Plastiktüte gesteckt. Heute frage ich erst einmal, ob eine solche Tüte überhaupt benötigt wird." Und im Schnitt würden von zehn Kunden etwa sechs auf diese Tüten verzichten.

"Auch bei uns greifen immer mehr Kunden zur Stofftasche", sagt der stellvertretende Leiter des Erren-Fachgeschäftes für Spiel- und Schreibwaren auf dem Willicher Marktplatz, Jan Fretschen. Schon wenn man das Geschäft betritt, werden die Kunden auf die Vermeidung des Plastikmülls mit dem Slogan "Umweltschutz ist jetzt kinderleicht" hingewiesen. Ein Kind hat eine Pusteblume in der Hand. Und darunter steht: "Plastiktüten bei jedem Einkauf? Pustekuchen!" Dort gibt es zahlreiche Tütenarten, je nach Größe für 10 oder 20 Cent. Alfred Erren gibt den Erlös aus dem Verkauf der Plastiktüten an den Willicher Lionsclub für seine aufklärenden Projekte in Willicher Kindergärten.

"Bislang haben wir beim Handel auf Freiwilligkeit gesetzt und sind damit gut gefahren", sagt der Vorsitzende des Kempener Werberings, Armin Horst. Und die Vielzahl der angeschlossenen Händler hätten darauf reagiert: "Einige haben die Plastiktüten ganz aus dem Markt genommen und dafür Papiertüten ausgegeben, andere erheben für die Plastiktüten in der Regel eine Gebühr von 10 oder 20 Cent." Und der Werbering werde sich weiterhin umschauen und sich fachkundig machen, welche Alternativen es gibt, künftig ganz auf das Plastik zu verzichten.

"Vor allem sollten die dünnwandigen sogenannten Einweg-Tüten nicht mehr ausgegeben werden, stattdessen die robusteren Mehrweg-Tüten, die etwa hundert Einweg-Tüten einsparen könnten"; sagt der Inhaber einer Drogeriekette, der seinen Namen aber nicht in der Zeitung lesen möchte. "Bei uns gibt es zwar ab dem 1. April die Plastiktüten für 20 Cent das Stück, aber viele Kunden bringen ihre Stoffbeutel oder Einkaufskörbe von zu Hause mit, das hat sich doch kolossal verändert", sagt die stellvertretende Leiterin des Modegeschäftes C & A an der Kempener Engerstraße, Jennifer Körner.

Eine Mitarbeiterin im benachbarten Schuhgeschäft Deichmann verweist an die Pressestelle in der Essener Zentrale. Hier kommt von Sonja Schröder-Galla die schnelle Antwort: Seit März gebe Deichmann deutschlandweit die Plastiktüten für zehn Cent aus. Beschwerden habe es kaum gegeben. Seit dieser Zeit sei die Zahl der ausgegebenen Plastiktüten stetig zurückgegangen, mittlerweile sogar um mehr als 50 Prozent.

(wsc)
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