Stadt Willich Oschmann und die täglichen Lügen

Stadt Willich · Was lange währt, wird endlich lustig: Stand-up-Comedian Ingo Oschmann gastierte am Freitagabend mit seinem Programm "Hand drauf" vor ausverkauftem Haus im Neersener Schloss. Was für Januar diesen Jahres an- und kurzfristig abgesagt worden war, holten die Veranstalter nun nach. Dem Publikum gefiel's: Satter Applaus belohnte Oschmann nach gut zwei Stunden Programm. Aber der Reihe nach.

Wo uns Ingo Oschmann die "Hand drauf" geben will, erklärt der breit lächelnde Bielefelder direkt zu Beginn: "Jeder Mensch lügt einer Statistik nach rund 200 mal pro Tag. Dabei ist Verbindlichkeit, ein ehrliches Wort heutzutage wichtiger denn je." Dies umzusetzen bedient sich der 1,72-m-Mann (Eigenangabe) allerhand alltäglicher Beispiele und bezieht die Zuhörer immer wieder aktiv mit ein. Oschmann fragt sie nach der Anzahl ihrer täglichen Lügen, nach ihrem Beruf. "Kundendienst", sagt ein Mann in vorderer Reihe - grölendes Gelächter. Realität und Wahrheit können so gut unterhalten.

Fakt ist auch: Oschmanns Mischung aus Stand-up, dem Dialog mit dem Publikum und Zauberkunst - damit gewann er 2003 die erste Staffel der Sat1-Casting-Show "Star Search" - kommt einzigartig rüber. Man könnte auch sagen: einzig artig. Denn er "möchte niemanden bloßstellen", sagt Oschmann, plädiert für nicht verletzende Wortkunst. "Es sei denn, wenn derjenige Politiker auch im Saal ist", sagt er und grinst. Nachtreten kann er eben auch. Faires Foul. Das klingt nach Gutmenschentum, nach berechnender Tränendrüsen-Massage. Sagt er nun die Wahrheit oder betreibt Oschmann einzig Effekthascherei? Die Antwort liefert er mittels Mitmach-Aktion. Holt vier Gäste auf die Bühne, die, wie gefordert, einen persönlichen Gegenstand in ein schwarzes Samtsackerl gesteckt haben. Oschmann will herausfinden, wem was gehört, bei jedem Gegenstand soll das Quartett unisono behaupten, das sei's eigene. Wer lügt? "Reine Impro, das liebe ich", raunt der Künstler. Und behält Recht: Mit Herzblut ordnen Publikum und er jedes Schlüsselbund richtig zu. "Wir haben gerade erzählt und einander zugehört. Mehr braucht es nicht, Floskeln statt leerer Worte", bilanziert Oschmann. Dafür gibt es ehrlichen Beifall. Die Botschaft sitzt.

Der Rest des Programms orientiert sich grob am roten Faden, der da heißt Verbindlichkeit. Klar, diesen Alltagsärger kennt jeder: Leute, die sich als Umzugshilfe verbindlich ankündigen und nie auftauchen - und so weiter. Sympathisch macht Oschmann seine Selbstironie, etwa beim Thema Körpergewicht. Und ja, das schwarze T-Shirt war mindestens eine Nummer zu klein.

(tone)
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