Stadt Willich Mehr Geld für Abwasserreinigung

Stadt Willich · Der Niersverband will die Beiträge für die Behandlung des Ab- und Regenwassers erhöhen: 2019 um knapp 40 Prozent. Denn die Anlagen rotten vor sich hin. Den Städten und Gemeinden kommt das zu plötzlich.

 Die Niers (hier bei Grefrath-Oedt) mündetbei gennep in der Maas. entwässert ein circa 1350 Quadratkilometer großes Einzugsgebiet.

Die Niers (hier bei Grefrath-Oedt) mündetbei gennep in der Maas. entwässert ein circa 1350 Quadratkilometer großes Einzugsgebiet.

Foto: N. Prümen

Um viel Geld geht es am Donnerstag bei der Verbandsversammlung des Niersverbandes. Geld, das nicht nur manchen Kämmerer der zugehörigen Städte und Gemeinden in die Bredouille bringen könnte, sondern auch Geld der Bürger im Verbandsgebiet. Willichs Bürgermeister Josef Heyes hat ausrechnen lassen: Mindestens 70 Euro mehr pro Jahr müsste Familie Mustermann mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern ab 2019 bezahlen, wenn das, was Niersverband-Vorstand Prof. Dietmar Schitthelm fordert, von der Versammlung eine Mehrheit bekommt. Die Stadt Tönisvorst beispielsweise müsste zudem rund 720.000 Euro jährlich mehr an den Verband abführen.

Darum geht's: Der Niersverband möchte die Beiträge für die Behandlung des Ab- und Regenwassers deutlich erhöhen. Das beträfe private wie öffentliche Haushalte gleichermaßen. 2018 soll um 5,2 Prozent erhöht werden, im Jahr 2019 dann um knapp 40 Prozent. 2020 und 2021 dann jeweils um 7 Prozent. In Stein gemeißelt ist das zwar noch nicht, wie Schitthelm auf Nachfrage, einräumt. Man könne die Erhöhung auch über mehrere Jahre strecken. Aber dass der Verband dringend Geld braucht - und zwar viel davon -, steht für ihn fest: 20 Jahre lang habe man den Beitrag nicht erhöht - trotz zusätzlicher Aufgaben. Förderungen seien nun aber weggebrochen, weswegen "jetzt nun nur noch die Beiträge bleiben, um unsere Ausgaben zu begleichen." Hinzu kommt: "Wir haben einen großen Sanierungsstau", sagt Schitthelm: nicht erledigte Sanierungs- und Neubaumaßnahmen im Wert von 450 Millionen Euro. Der Verband habe allein im Bereich Abwasser ein Anlagevermögen von rund 760 Millionen Euro. Um die Anlagen zu erhalten, würden pro Jahr mindestens 30 Millionen Euro benötigt. Das Problem: Der Niersverband hat zu wenig Personal, obwohl er in den vergangenen Jahren schon viele neue Mitarbeiter eingestellt hat und nach wie vor händeringend nach Fachkräften sucht. Und so können jährlich nur Erhaltungsarbeiten im Wert von 15 Millionen Euro umgesetzt werden. Die Folge: Der Zustand der Anlagen verschlechtere sich dramatisch. "Wenn wir nichts unternehmen, wird es am Ende noch teurer", warnt Schitthelm.

Am 3. Oktober sei es beispielsweise im Klärwerk Neuwerk beinahe zur Katastrophe gekommen: Wegen eines Stromausfalls fiel auch die Anlage aus - und um ein Haar wäre ungeklärtes Wasser in die Niers geflossen. Das hätte nicht nur aus ökologischen Gründen katastrophal gewesen, sondern hätte auch immense Strafzahlungen nach sich gezogen. Den Kommunen, die sich jetzt gegen die drastischen Beitragserhöhungen stellen, entgegnet Schitthelm daher, dass sein Verband mit Strafen in Millionenhöhe rechnen müsse, wenn etwas schiefläuft. "Das ist anders als bei einer Kommune. Wenn's in eine Schule hineinregnet oder wenn eine Straße ein Loch hat, kann der Schaden erst mal provisorisch behoben werden. Weiter geschieht zunächst mal nichts."

Vor wenigen Tagen hatten sich einige Vertreter der dem Niersverband angehörenden Kommunen mit Verbandsvertretern getroffen, um darauf einzuwirken, dass die 40-prozentige Erhöhung so nicht umgesetzt wird. Josef Heyes als Sprecher der Kommunen im Kreis Viersen sollte ausloten, was man unternehmen könnte. Heyes kritisiert, dass auch 26 nicht besetzte Stellen, die einen siebenstelligen Betrag ausmachen, als Kostenfaktor in der Gebührenkalkulation auftauchen, obwohl sie am Ende kein Geld kosten. Dem entgegnet Schitthelm, dass nicht ausgegebenes Geld natürlich in die Rücklage des Verbandes fließe. Aber die habe Ende 2016 noch bei 84 Millionen Euro gelegen, Ende 2017 werde sie nur noch 65 Millionen Euro betragen. "Wenn wir so weitermachen, ist sie im Jahr 2021 aufgebraucht." Aber das dürfe allein aus rechtlichen Gründen gar nicht geschehen, sagt Prof. Dietmar Schitthelm.

Heyes findet, dass der Verband - wie die Kommunen auch - schauen müsse, wie er Geld einsparen könne. Und der Verband solle nicht gesetzliche Vorgaben bereits erfüllen, wenn sie noch gar nicht in Kraft getreten seien. Das Geld solle besser vorher in die Rücklagen fließen und erst ausgegeben werden, wenn es gesetzlich erforderlich sei. Zudem könnten Abschreibungen, so Heyes, realitätsnäher über einen längeren Zeitraum erfolgen. "Ob wir etwas erreichen können? Ende offen. Die Entscheidung trifft die Verbandsversammlung am Donnerstag", sagt Heyes.

Derzeit sieht es aber so aus, dass erst einmal nur die Erhöhung für 2018 um 5,2 Prozent beschlossen wird. Denn die Wahlperiode der Verbandsversammlung endet am 31. August 2018. Bis dahin sollen laut Schitthelm intensive Gespräche geführt werden. Von der neuen Verbandsversammlung wird auch der neue Verbandsrat gewählt, der sich dann Gedanken darüber machen kann, welche Möglichkeiten es gibt. "Bis dahin haben auch die Kommunen ausreichend Zeit, sich Gedanken zu machen", sagt Schitthelm.

(RP)
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