Stadt Willich Schützen: Kanonen sind sicher

Stadt Willich · Auch der ASV Willich setzt beim Schützenfest historische Kanonen ein. Im Sauerland starb ein Schützenkönig durch umherfliegende Teile - die Ursache ist noch ungeklärt. Es gelten strenge Vorschriften für das Bedienen der Kanonen.

Marsberg: Schützenkönig stirbt durch Kanonenschuss
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Schützenkönig stirbt durch Kanonenschuss

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Foto: dpa, bt lof

Nahezu zeitgleich waren am 11. Juli bei Schützenfesten in Willich und in Marsberg Kanonenschläge zu hören. Im sauerländischen Marsberg hatte die Böllerei verheerende Folgen: Der amtierende Schützenkönig, der in unmittelbarer Nähe stand, wurde durch die umherfliegenden Teile der gusseisernen Kanone dermaßen schwer verletzt, dass er starb. Er wurde 30 Jahre alt. Schützenvereine auch in der hiesigen Region sind davon tief betroffen. Sie sehen aber keinen Grund, auf diese Kanonenschläge zu verzichten, und warten jetzt erst einmal die polizeilichen Ermittlungen in Marsberg ab.

"Das, was in Marsberg passiert ist, ist unglaublich tragisch und für alle Hinterbliebenen ein unersetzlicher Verlust", sagt der auch für Willich zuständige Bezirksbundesmeister Mike Kunze. Der 39-jährige Deutsch- und Geschichtslehrer an einem Krefelder Gymnasium fügt aber hinzu: "Wer jetzt fordert, das Böllern einzustellen, und vielleicht sogar Schützen als unverantwortliche Ballermänner hinstellen möchte, ist allerdings auf dem Holzweg." Kunze spricht weiter von bestens ausgebildeten Menschen, die mit entsprechenden Scheinen ausgestattet absolut fachmännisch damit umgingen. Für irgendwelche Fahrlässigkeiten bestehe kein Raum. Kunze führt das Unglück in Marsberg auf eine "Materialermüdung" der Kanone zurück.

Es gibt nicht mehr viele dieser historischen Geschütze. Eine davon hat der Allgemeine Schützenverein (ASV) Willich in seinem Besitz. Der ASV-Schießmeister heißt Markus Kaules, der selbst im Besitz der erforderlichen Böller- und Sprengstoffscheine ist. Die eigene Kanone, die ein amtliches Prüfsiegel hat und wie andere auch alle fünf Jahre strengstens überprüft wird, war aber jüngst zu Beginn des Willicher Schützenfestes nicht zum Einsatz gekommen. Stattdessen stand bei der Totenehrung auf dem Friedhof "Elisa" bereit - eine der beiden Geschütze, die das Krefelder von Manfred Schouren angeführte Freicorps von Lützow noch hat. "Elisa", die den Namen der Ehefrau des preußischen Generalmajors von Lützow (1782 bis 1834) bekommen hatte, war erst vor wenigen Monaten nach langer Restaurierung eingeweiht worden. Und da Kaules Manfred Schouren seit Langem kennt, war er damit einverstanden, dass man der Bevölkerung die preußische "Elisa" mit ihrer blauen Lafette einmal vorstellen durfte.

In Willich ging alles reibungslos über die Bühne. "Wir achten auch bei dem Einsatz unserer eigenen Kanone immer streng darauf, dass die Kontrollen sowie die Sicherheitsabstände und -radien eingehalten werden", sagt Kaules, der ergänzt: "So schlimm gerade für die Angehörigen die Ereignisse in Marsberg auch sind: Es werden aber auch nicht alle Porsche abgeschafft, wenn ein solches Fahrzeug mal einen schweren und verheerenden Unfall verursacht."

"Nahezu täglich erreichen mich Anrufe aus halb Deutschland - von Menschen, die dazu etwas Näheres erfahren möchten", sagt Corps-Führer Manfred Schouren. Der 68-Jährige weist darauf hin, dass jeder, der die Kanonen bedient, im Besitz eines Schwarzpulver-, Böller- beziehungsweise Sprengstoffscheins sein muss. Bei seinem Corps seien dies acht Mann, die unter anderem einen dreitägigen Lehrgang in Sachsen-Anhalt besucht haben.

Nicht ganz auszuschließen sei, so Schouren, dass es in Marsberg zu einer Materialermüdung gekommen sein könnte, auch wenn er sich dies nicht so recht vorstellen könne: "Denn auch unsere beiden Kanonen waren zuletzt 2013 in einem alten Steinbruch in Bad Honnef mit dreifacher Ladung als normal getestet und anschließend fachmännisch überprüft worden." Jedenfalls würden generell die Kanonen alle fünf Jahre genauestens überprüft, seine also wieder 2018.

"Wir wissen zum Beispiel nicht, wie die Marsberger Kanone verdämmt worden ist", sagt Schouren. Aus dem Rohr des ersten Geschützes "Luisa" seien bisher im Jahr zwischen 20 und 30 Kanonenschläge abgefeuert worden: "Und wir nehmen zur Verfestigung des Schwarzpulvers kein Weichholz oder Kork, sondern Mehl, dann fliegt garantiert nichts durch die Gegend." Beim Neusser Schützenfest werde mit Kork verdämmt, die Willicher nehmen Kork oder Pappe. Und als Pulver sei, so Schüren, das uralte Schwarzpulver besser geeignet als die neue mit einem Nitro-Gemisch versehende und viel gefährlichere Munition. Auch gebe es Sicherheitsabstände und dürfe es nicht sein, dass Unbefugte bei der Zündung zu nah am Rohr stehen - vorn am Rohr erst recht nicht. Wie Kaules und Kunze wartet Schouren nun gespannt auf die Ergebnisse der Untersuchungen und Ermittlungen in Marsberg.

(wsc)
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