Stadt Willich Laub beim Nachbar und andere Konflikte

Stadt Willich · Wenn Hans-Theo Ohlenforst im kommenden Jahr sein Amt niederlegt, dann ist es für ihn auch ein Jubiläumsjahr. Der 73-Jährige war zehn Jahre lang der Schiedsmann für Anrath.

 Nachbarschaftsstreitigkeiten im Garten machten das Gros der Streitfälle aus, mit denen der Anrather Schiedsmann Hans-Theo Ohlenforst zu tun hatte. Für ihn wird jetzt ein Nachfolger oder Nachfolgerin gesucht.

Nachbarschaftsstreitigkeiten im Garten machten das Gros der Streitfälle aus, mit denen der Anrather Schiedsmann Hans-Theo Ohlenforst zu tun hatte. Für ihn wird jetzt ein Nachfolger oder Nachfolgerin gesucht.

Foto: Kurt LÜBKE

"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem lieben Nachbarn nicht gefällt", so heißt es in Friedrich Schillers "Wilhelm Tell". Diesen Ausspruch kann Hans-Theo Ohlenforst bestätigen. Der Anrather ist im zehnten Jahr ehrenamtlich als Schiedsmann tätig und hat in dieser Zeit mit den Bürgern so einiges erlebt. "Wenngleich die Anrather nicht streitsüchtig sind", bemerkt Ohlenforst. In den vergangenen Jahren kam es bis jetzt zu 95 Fällen, wobei die Nachbarschaftsstreitigkeiten im Garten das Gros ausmachten. Hausfriedensbruch gab es aber auch und selbst in nachehelichen Problemen wurde die Hilfe des Schiedsmanns in Anspruch genommen. "Ich habe hochinteressante Sichtweisen kennengelernt und erfahren, worüber sich die Leute aufregen", sagt der 73-Jährige mit einem Lächeln.

Schiedsmann wollte er eigentlich gar nicht werden. Als er im Jahr 2006 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland bekam, wurde er angesprochen, ob er sich nicht vorstellen könnte, sich für das Amt des Schiedsmanns zu bewerben. Seine Tätigkeiten in Vereinen und der Politik sowie sein Sozialpsychologie-Studium seien doch gute Voraussetzungen. "Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommt. Aber ich habe meine schriftliche Bewerbung eingereicht", erinnert sich der Anrather. Es folgte eine mündliche Vorstellung vor dem Stadtrat. Kurze Zeit später erhielt Ohlenforst den Zuschlag für das öffentliche Amt mit Dienstsiegel und wurde damit eine Amtsperson. Mit der entsprechenden Lektüre und ersten Informationen versehen, wandte sich der Anrather im Februar 2007 seinem neuen Amt zu, wobei ihm von Anfang an die angebotenen, freiwilligen Fortbildungen für Schiedsleute wichtig waren. "Ich habe sie alle mitgemacht und viel gelernt", sagt der 73-Jährige. So hat er heute noch die Stimme des Bundesvorsitzenden der Schiedsleute im Ohr: "Denken sie daran, in Deutschland hat kein Mensch ein Recht auf Sonne" und "Laub, was bei ihnen runterkommt, gehört ihnen". Zwei Aussagen, die ihn im Laufe seiner Arbeit immer wieder tangierten, denn das Laub auf Nachbarsgrundstück im Herbst und der Baum, der der nachbarlichen Terrasse die Sonne wegnimmt, waren mehr als einmal Thema.

Ohlenforst hatte auch Fälle, bei denen Fragen aufkamen, die er im ersten Moment nicht beantworten konnte. Für solche Situationen steht den Schiedspersonen daher immer ein Richter am Krefelder Amtsgericht zur Verfügung, Hier sowie beim Verband der Schiedsleute kann ein Schiedsmann bzw. eine -frau jederzeit nachfragen und sich Rat holen. "Mir hat diese Tätigkeit Freude bereitet. Besonders, wenn ich Erfolg hatte, ein Kompromiss gefunden wurde und zwei Kontrahenten sich die Hände schüttelten", sagt Ohlenforst. In rund 60 Prozent der Vorkommnisse war dies der Fall. Bei den anderen stellte er eine sogenannte Erfolglosigkeitsbestätigung für den Antragsteller aus, mit der dieser dann den weiteren gerichtlichen Weg einschlagen konnte.

Ohlenforst selber würde gerne noch länger als Schiedsmann wirken, aber es gibt eine Altersgrenze, ab der keine neue Amtszeit mehr gestartet werden darf. "Meinem Nachfolger bzw. meiner Nachfolgerin stehe ich aber gerne zur Seite, wenn Fragen oder Probleme auftauchen sollten", betont Ohlenforst.

(tref)
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