Stadt Willich Himmelwärts: Jede Menge Hortensien zur Erstkommunion

Stadt Willich · Die Heimat- und Geschichtsfreunde Willich zeigen im November in Kamps Pitter Film und Ausstellung über religiöse Riten von früher.

 Archivar Dr. Helmut Fellinger (li.), Matthias Kratz, Edith Max, Helga Mücke, Vorsitzender Ernst Kuhlen von den Heimat- und Geschichtsfreunden.

Archivar Dr. Helmut Fellinger (li.), Matthias Kratz, Edith Max, Helga Mücke, Vorsitzender Ernst Kuhlen von den Heimat- und Geschichtsfreunden.

Foto: w. KAISER

Anderthalb Jahre hat Archivar Dr. Helmut Fellinger daran gearbeitet. Jetzt ist der Film fertig. Doch jetzt muss erst einmal die Ausstellung "Religiöse Riten und Abläufe in früherer Zeit" vorbereitet werden. Beides - Film wie Ausstellung - werden dann ab Anfang November in Kamps Pitter im Oetker-Park zu sehen sein. Die Heimat- und Geschichtsfreunde Willich beteiligen sich damit an der Ausstellungsreihe "Himmelwärts. Religiöses Leben an Rhein und Maas", die der Kulturraum Niederrhein mit einer Vielzahl von Museen am Niederrhein und in den Niederlanden im November 2014 startete und bis März 2016 laufen lässt. Ihr Projekt, mit dem sich die Heimat- und Geschichtsfreunde beteiligen, starten die Willicher im November. Nach der Premiere für geladene Gäste am 1. November folgen öffentliche Vorführungen am 8., 15., 22. und 29. November, 6. und 20. Dezember sowie 17., 24. und 31 Januar, jeweils von 14 bis 17 Uhr im Museum Kamps Pitter. Dafür wird der erste Raum etwas ausgeräumt, damit 70 Zuschauer Platz finden.

Ausstellung und Film ergänzen sich gegenseitig. Was Zeitzeugen im Film erzählen, wird anhand von Fotos und Dokumenten in der Ausstellung vertieft. Der 50 Minuten-Film umfasst drei Teile: Interviews mit Zeitzeugen der Jahrgänge 1925 bis 1942 zu religiösen Festen wie Firmung, Hochzeit oder Beerdigung. Aus der umfangreichen Totenzettelsammlung von 4500 Exemplaren werden sechs exemplarisch vorgestellt. Der dritte Teil ist dem Hubertusschlüssel gewidmet, dem 400 Jahr alten wertvollen Dokument der Sammlung. Das Teil, das wie eine Mischung aus Schraubendreher und Schlüssel aussieht, ist ein altes Brandzeichen, mit dem Mönche - gegen Spenden - an Tollwut erkranktes Vieh "heilten" und sogar Menschen, die gebissen worden waren, damit die Wunde ausbrannten - bis die Kirche diesen Aberglauben verbot. Mit Spielszenen wird dieser Brauch im Film erläutert.

Archivar Fellinger hat auch das Foto seiner eigenen Erstkommunion beigesteuert. Er steht dort inmitten einer Reihe weißer Hortensien. Auch andere Zeitzeugen berichten im Film davon, dass in den ärmeren Zeiten oftmals jede Menge Hortensien zur Erstkommunion verschenkt wurden. Auf Kommunionsbildern von 1890 trugen die Mädchen noch schwarz. Weiß setzte sich erst im 20. Jahrhundert durch. Vorsitzender Ernst Kuhlen nimmt eine Klapper zur Hand. In der Zeit zwischen Karfreitag und der Osternacht, in der die Glocken schwiegen, gingen Messdiener mit der Klapper durch den Ort, an Stelle des Angelusläutens. Die Ausstellungsmacher erinnern nicht nur, dass die hl. Hostie früher auf die Zunge gelegt wurde, sondern dass Frauen nach der Geburt eines Kindes erst vom Pfarrer gesegnet wurden, bevor sie die Kirche wieder betreten durften. Und eindeutig Vergangenheit sind auch die zahlreichen opulenten Blumenaltäre zur Fronleichnamsprozession. Oder: Beim Leichenschmaus wurden vier Liter Korn an 120 Gäste ausgeschenkt.

(hb)
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