Stadt Willich Herrscherin über Dosen, Tuben, Töpfe

Stadt Willich · Besuch hinter den Kulissen der Schlossfestspiele: Nina Reuscher ist eine von drei Maskenbildnerinnen, die dafür sorgen, dass die Schauspieler des Neersener Ensembles auf der Bühne richtig gut aussehen.

 Für Darsteller wie Susanne Theil ist der Besuch in der Maske bei Nina Reuscher mit den beleuchteten Spiegeln und den vielen Tuben und Töpfen, Pinseln und Kämmen, der erste Schritt in die Rolle.

Für Darsteller wie Susanne Theil ist der Besuch in der Maske bei Nina Reuscher mit den beleuchteten Spiegeln und den vielen Tuben und Töpfen, Pinseln und Kämmen, der erste Schritt in die Rolle.

Foto: Norbert Prümen

Susanne Theil ist die erste, die an diesem Abend in die Maske kommt. Die 36-Jährige spielt Sarah Rosenbach, die Schwiegertochter des an Alzheimer erkrankten Amadeus Rosenbach im Stück "Honig im Kopf". Für Nina Reuscher, Maskenbildnerin und Friseurmeisterin, ist die Rolle keine große Herausforderung. Nach der Grundierung, die dafür sorgt, dass die Haut im Scheinwerferlicht nicht glänzt, werden die Haare toupiert und frisiert. Dann schminkt Nina Reuscher die Augen, damit sie größer wirken, zieht die Brauen nach und gibt auf die Lippen glänzendes Lipgloss.

Wenn die Maskenbildnerin ihre Arbeit tut, sind die Darsteller ihr hilflos ausgeliefert, denn sie verändert die Gesichter so, wie es zur Rolle passt. Aber für Susanne Theil fühlt sich das Ausgeliefertsein nicht schlecht an. "Es gibt hier ein sehr gutes Miteinander zwischen Schauspielern und Maskenbildnern", sagt Theil, die sich gerne in die professionellen Hände von Reuscher begibt und auch schon mal privat die Beauty-Tipps der Fachfrau nutzt.

Für die Darsteller ist der Besuch in der Maske mit den beleuchteten Spiegeln und den vielen Tuben und Töpfen, Pinseln und Kämmen, der erste Schritt in die Rolle. Je nachdem, wie aufwendig die Maske ist, kommen die Schauspieler ein- bis eineinhalb Stunden vor der Aufführung in den umfunktionierten Raum des Schlosses. "Ich bin oft erstaunt, wie das Make-up das Gesicht verändert", sagt Susanne Theil, deren nächster Weg jetzt zu den Kostümbildnern führt. Für R.A. Güther, der den Amadeus spielt und als nächster am Schminktisch Platz nimmt, gehört die Maske zum Ritual vor jedem Auftritt. Der 73-Jährige übernimmt die Grundierung seines Gesichts immer selber. "Das braucht er zur Beruhigung", weiß Reuscher, die das natürlich akzeptiert.

Aufwändiger als bei "Honig im Kopf" ist die Arbeit der Maskenbildnerin bei "Der zerbrochene Krug". Dann sind auch die beiden Kolleginnen Annette Kremmin und Marion Leinders mit von der Partie. "Das Ensemble des Stücks ist so groß und die Maske so aufwendig, dass wir zu dritt arbeiten müssen", erklärt die 30-Jährige, die bei dem Stück, dass vor einer Woche Premiere feierte, ein besonderes Augenmerk auf den Kopf von Holger Stolz haben wird. Denn dort sitzt eine Echthaarperücke, die die Friseurmeisterin eigenhändig geknüpft hat.

Fast 40 Stunden hat sie dafür benötigt. "Wir haben so tolle Kostüme bei dem Stück, dass eine Kunsthaarperücke einfach nicht gepasst hätte", findet die Kölnerin. Hätte das Theater die Echthaarperücke kaufen müssen, hätten die Kosten bei 2000 bis 3000 Euro gelegen. Für den Schauspieler Stolz, der sonst sehr kurze und ausgedünnte Haare hat, ist die plötzliche Haarpracht ungewohnt. "Die ganze Gestik verändert sich durch die langen Haare", hat die Perückenmacherin bei der Generalprobe beobachtet.

Um sich besser in die Figuren hineindenken zu können und herauszufinden, wie der Charakter der Figur durch die Maske betont werden kann, lesen die Maskenbildnerinnen vorher die Stücke oder sehen sich wenn möglich die Verfilmungen an. "Das finde ich mit das Tolle an dem Beruf, er erweitert den Horizont und bietet immer wieder neue Herausforderungen", sagt die 30-Jährige, die sich aber auch sonst nicht über einen allzu eintönigen Alltag beklagen kann. Nach einer Ausbildung in einem Kölner Friseursalon und am Trierer Theater hat Nina Reuscher auf dem Kreuzfahrtschiff "Aida" gearbeitet, die Meisterschule besucht und begleitet seit einem Jahr die Sängerin Maite Kelly auf Tourneen, zu Fotoshootings und bei Videodrehs als persönliche Visagistin.

(WS03)
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