Stadt Kempen Große Begeisterung: Von wilder Motorik und leiser Wehmut

Stadt Kempen · Das erste Kammerkonzert der neuen Spielzeit hatte es in sich. Es brachte ein volles Haus, einen beachtlichen Beitrag zur Muziek Biennale Niederrhein 2016 und ein herausragendes Musikerlebnis.

 Das Belcea-Quartett begeister bei seinem Auftritt in Kempen. Als Zugabe hörten die Besucher ein Scherzo von Schostakowitsch.

Das Belcea-Quartett begeister bei seinem Auftritt in Kempen. Als Zugabe hörten die Besucher ein Scherzo von Schostakowitsch.

Foto: Ronald Knapp

Dass Schubert sein Streichquartett Es-Dur Nr. 1 im Alter von gerade mal 16 Jahren verfasste, kann man wahlweise neidisch oder resigniert-achselzuckend zur Kenntnis nehmen. Eindrucksvoll war die Interpretation des nach seiner Primgeigerin benannten Belcea Quartets. Seinen Schliff hat das Ensemble in den 1990er Jahren in London erhalten, auch wenn keiner der vier Musiker Engländer ist. Die rumänische erste Geigerin Corina Belcea, der polnische Bratscher Krzysztof Chorzelski und die beiden Franzosen Axel Schacher (zweite Violine) und Antoine Lederlin (Violoncello) bestachen in der Paterskirche durch technische Perfektion ebenso wie durch kultivierte musikalische Gestaltung. Charakteristisch für dieses Quartett ist vor allem eine voluminöse Tonbildung, die auch im Pianissimo nichts von ihrer Intensität einbüßt.

Das ließ sich im Schubert-Quartett deutlich verfolgen. Opulent klang der Beginn; sorgfältig wurden im Scherzo die Gegensätze von hart und weich herausgestellt. Die schnellen Sätze wurden energisch, nicht aber rau zum Klingen gebracht. Musikalisch beseelt faszinierte das Adagio. Der letzte Satz wurde in einem frischen Tempo gespielt, aber nicht gehetzt. Grundsätzlich hatte der Klang Priorität vor Tempo.

Bei Schostakowitschs Streichquartett Nr. 8 c-moll op. 110 lernte man dann das Quartett von einer anderen Seite kennen. Hier ging es nicht um Schön-Spielen. Hier war nachzuvollziehen, dass sich der Komponist viel erlittenes Unrecht und großen seelischen Druck von der Seele schrieb. Wilde Motorik und leise Wehmut wechselten einander ab. Entfesselt, geradezu ekstatisch elektrisierte der zweite Satz, das Allegro molto.

Die Interpretation des Streichquartetts a-moll op. 51 Nr. 2 bestach ebenfalls durch den sonoren Gesamtklang, bei dem allerdings nichts verwischt wurde. Die Einzelstimmen waren deutlich wahrnehmbar. Forte-Partien wurden mit viel Kraft gespielt. Doch neben dem satten Streicherklang blieb auch noch Platz fürs Zärtliche und Geheimnisvolle.

Groß war die Begeisterung des Publikums, das als Zugabe noch ein markantes Scherzo von Schostakowitsch hörte.

(RP)
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