Stadt Willich "FürWillich" ist Zünglein an der Waage

Stadt Willich · Die drei Willicher Ratsmitglieder Theresa Stoll, Detlef Nicola und Martin Dorgarthen haben eine eigene Fraktion gegründet, nachdem sie aus der SPD-Fraktion ausgetreten waren.

Die Fraktion "FürWillich" ist noch ganz neu im Willicher Stadtrat, heute Abend wird sie womöglich ihren ersten großen Auftritt haben, wenn der Haushalt 2018 beschlossen wird. "Ob ich schon eine Haushaltsrede halten darf, weiß ich noch gar nicht", sagte gestern Nachmittag Detlef Nicola, der Geschäftsführer der neuen Fraktion. Das wolle er vor der Ratssitzung bei Bürgermeister Josef Heyes erfragen. Nicola, seine Stellvertreterin Theresa Stoll und Fraktionsgeschäftsführer Martin Dorgarthen hatten für gestern zum Pressegespräch eingeladen, um zu erläutern, welchen Themen sie sich künftig widmen möchten. Die drei Mitglieder der SPD (das sind sie nach wie vor) waren kürzlich aus der SPD-Fraktion ausgetreten, weil ihnen der Führungsstil von Fraktionschef Bernd-Dieter Röhrscheid und SPD-Parteichef Dietmar Winkels nicht passt. "Wir haben uns teilweise wie Stimmvieh gefühlt", so Nicola.

Doch nun wolle man eigentlich gar nicht mehr nach hinten schauen, sondern lieber "für Willich", wie es der Name der Fraktion schon sagt, arbeiten. "Dabei wollen wir nicht den Eisenbesen geben und aus Prinzip gegen alles sein, sondern je nach Situation entscheiden, wie wir abstimmen", sagt Stoll. Ob ein Antrag von der SPD, der CDU, der FDP oder den Grünen komme, sei egal, solange er sinnvoll sei. "Wir sind jetzt das Zünglein an der Waage", sagt Detlef Nicola, verspricht aber, das nicht ausspielen zu wollen, sondern verantwortungsvoll mit dem neuen Status als kleine Fraktion umzugehen. Bisher hatten SPD, Grüne und FDP gemeinsam im Rat eine Stimme mehr als die CDU. Nun gibt es eben auch noch die drei "FürWillich"-Stimmen, die nicht mehr dem Fraktionszwang der SPD unterliegen. Unter anderem bei der Entscheidung, ob das Stadtarchiv im Kreisarchiv aufgehen soll, habe er sich von der Fraktionsspitze damals mehr Informationen gewünscht, sagt Dorgarthen. Es sei zu sehr nach dem Willen von Bernd-Dieter Röhrscheid gegangen.

Ein paar Themen, die ihnen für die Stadt Willich wichtig sind, haben die drei Ratsmitglieder auch schon ausgeguckt: Da ist zum einen die Verkehrssituation in Neersen und in Schiefbahn-Niederheide auf der "Alten Landstraße". Während sich in Neersen zu Hauptverkehrszeiten Auto an Auto reiht und fast nichts mehr geht, werde in Niederheide viel zu schnell gefahren, so Dorgarthen, der selbst an besagter Straße wohnt. "Ich würde mich freuen, wenn durch unseren Einsatz schon 2018 die Durchschnittgeschwindigkeit auf der ,Alten Landstraße' sinken würde."

Weiteres Thema ist für die neue Fraktion das "Ambulatorium", das eigentlich mal einen kleinen Ausgleich für den Verlust des Katharinen-Hospitals darstellen sollte, dessen Realisierung sich aber hinzieht. Es finden sich kaum Fachärzte, die bereit sind, dort einzuziehen. Für "FürWillich" ist es eine Zumutung, dass die Willicher außerhalb der üblichen Sprechzeiten der Ärzte nach Viersen, Gladbach oder Krefeld fahren müssen, wenn sie medizinische Hilfe benötigen. Deshalb wollen sie darauf drängen, dass ausgelotet wird, welche Möglichkeiten es gibt, als Politik Rahmenbedingungen für den Bau eines medizinischen Stützpunktes zu schaffen. "Wurde wirklich alles getan?", fragt Stoll. Wichtig sei zudem, was aus dem alten Katharinen-Hospital (die städtische Grundstücksgesellschaft hat das Gelände bereits gekauft. Die Nutzung als Flüchtlingsheim endet zum 31. Dezember 2018) und dem Brauerei-Gelände werde. Bei diesen innerstädtischen "Filetstücken" wolle man ganz genau hinschauen.

Als Fraktion haben die drei Politiker viel mehr Möglichkeiten, sich einzubringen, als wenn sie einfache Ratsmitglieder geblieben wären. So dürfen alle Ratsfraktionen beispielsweise Vertreter in diverse Kommissionen schicken, zudem werden sie vor Ratssitzungen im Ältestenrat vom Bürgermeister informiert, und sie dürfen eigene Anträge stellen. Derzeit sucht die Stadtverwaltung nach einem Raum, in dem sich die Fraktion treffen kann, und - auch das gehört zu den Vorteilen - der Fraktionsvorsitzende bekommt die dreifache Aufwandsentschädigung eines Ratsmitgliedes, also 1200 statt 400 Euro pro Monat.

Laut Nicola, Stoll und Dorgarthen gibt es bereits viele Anfragen von Bürgern, ob sie mitmachen können. Daher soll es auch offene Fraktionssitzungen geben. Dass aus "FürWillich" mal eine Partei oder Wählergemeinschaft wird, ist noch nicht geplant - aber wohl auch nicht ausgeschlossen.

(RP)
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