Stadt Willich Formenstrenge und Gefühlswärme

Stadt Willich · Mit einer eindrücklichen Wiedergabe des "Paulus" überzeugten die "Emmaus-Kantorei" und das "Willicher Musikprojekt". Die Besucher erlebten einen großen Oratorienabend.

 Viel Beifall für die Akteure gab es in der Anrather Johanneskirche.

Viel Beifall für die Akteure gab es in der Anrather Johanneskirche.

Foto: wolfgang kaiser

Im Jahre 1836 erlebte anlässlich des "Niederrheinischen Musikfestes" in Düsseldorf das Oratorium "Paulus" seine Uraufführung. Dessen Schöpfer, Felix Mendelssohn Bartholdy, war damals der Dirigent - er begründete damit seinen Ruhm als Komponist.

Die Schilderung der Bekehrung des die Christen verfolgenden Saulus zum Paulus- einem der eifrigsten Apostel Jesu Christi - hat bis heute nichts von seiner Faszination verloren - nicht zuletzt dank der meisterlichen Verschmelzung barocker Formenstrenge und romantischer Gefühlswärme, die Mendelssohn in diesem Opus (wie auch später in seinem "Elias") gelungen ist.

Kreiskantor Klaus-Peter Pfeifer hatte wiederum mit seiner "Emmaus-Kantorei und dem "Willicher MusikProjekt" einen groß besetzten Chor im Altarraum der Kirche St. Johannes in Anrath versammelt, dazu die schon mehrfach bewährte "Camerata Louis Spohr" aus Düsseldorf. Die Besucher, die nur noch in den Seitenschiffen Platz fanden, konnten per Video-Leinwänden das Konzert auch optisch verfolgen.

Im Vergleich zur sehr beachtlichen Aufführung des "Messias" im vergangenen Jahr, hat der homogene Chor sich um Einiges verbessert. Klangpracht, Durchsichtigkeit, klare Diktion und mühelose Höhensicherheit begeisterten eins ums andere Mal in den teils wuchtigen Chorsätzen und in den bekenntnishaften Chorälen- auch die polyphonen Teile gelangen (fast immer) ohne Tadel.

Leider waren die Damen des Chores in der Schlüsselstelle des Oratoriums, da sie die Stimme Gottes gaben "Saul, was verfolgst Du mich", fast nicht zu hören. Hier hätte Klaus-Peter Pfeifer, der umsichtig, punktgenau und mit vollem Einsatz leitete, das Orchester unbedingt zurücknehmen müssen.

Die "Camerata Louis Spohr" zeigte sich wieder einmal als ein Ensemble, das mit viel Einfühlungsvermögen und brillanten Leistungen in allen Instrumentengruppen bestens geeignet ist, Oratorien zu begleiten. Stellvertretend seien die Blechbläser genannt, die sich nicht, wie oft beim "Paulus" zu erleben, in permanentem Forte ergingen, sondern dem Gesamtklang angepasst.

Über die Solisten war leider nichts im Programmheft zu lesen - das ist schade, so blieben diese wichtigen Protagonisten für das Publikum weitgehend anonym. Die Krone gebührt Katharina Leyhe, die mit leuchtendem, sich bruchlos zur glockigen Höhe hin entfaltendem Sopran restlos überzeugte. Dazu wusste die Sängerin mit wärmender Intensität ihre Botschaften zu vermitteln. Diese Ausdrucksvielfalt wäre - ungeachtet seines ausgeglichen und ruhig geführten Baritons -auch Gregor Finke zu wünschen. - Esther Borghorst, die vom letztjährigen "Messias" her noch in bester Erinnerung ist, hatte in ihrer in diesem Werk relativ schmalen Partie nicht die rechten Möglichkeiten, ihre Stimmqualitäten darzustellen. - Mark Heines nennt einen großvolumigen, beweglichen und sehr hellen Tenor sein eigen. Doch was gerade für Mendelssohns einschmeichelnde Musik fehlte, war lyrischer Schmelz und Wärme. Was hätte man alleine aus der Kavatine "Sei getreu bis in den Tod" machen können, zumal Julia Polziehn ein meisterliches und traumschönes Cellosolo beisteuerte. Insgesamt erlebten die Besucher in der voll besetzten St. Johanneskirche in Anrath einen großen Oratorienabend, dem sie ausgiebig Beifall zollten.Das nächste Chorprojekt ist "Josua" von Georg Friedrich Händel.

(oeh)
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