Stadt Willich Flüchtlingskinder feiern Karneval mit

Stadt Willich · Der Arbeitskreis Fremde hatte Kinder und Jugendliche zum niederrheinischen Karneval in die Josefshalle eingeladen. Jutta van Amern (AKF) vermisst schulische Perspektive für ältere Jugendliche.

 Die Helau-Rufe sind noch nicht eingeübt, aber das Verkleiden und Schminken hat den Flüchtlingskindern Spaß gemacht. In der Josefshalle erlebten viele zum ersten Mal, wie am Niederrhein Karneval gefeiert wird.

Die Helau-Rufe sind noch nicht eingeübt, aber das Verkleiden und Schminken hat den Flüchtlingskindern Spaß gemacht. In der Josefshalle erlebten viele zum ersten Mal, wie am Niederrhein Karneval gefeiert wird.

Foto: WOLFGANG KAISER

Über 20 erwachsene Flüchtlinge hatten ihren Spaß, waren gerade auf der Bühne der Josefshalle bei der "Reise nach Jerusalem" unterwegs. Hinterher waren die Kinder dran. Viele ausländische Mitbewohner, etwa 80 jüngere als auch ältere, nutzten das Angebot des "Arbeitskreises Fremde" (AKF) und waren beim niederrheinischen Karneval mittendrin. Für kurze Zeit gab es eine willkommene Ablenkung von der Tristesse des Alltags. Ein Programm gab es nicht, dafür viel Tanz und Ausgelassenheit.

"So etwas kennen wir zuhause nur von privaten Partys, da herrscht auch oft so eine gute Laune", sagte Mohamed Mahmut. Der 20-jährige Syrer wird seit einigen Wochen in der Neersener Niershalle betreut. Am Anrather Bahnhof lebt seit drei Monaten der Syrer Massyad Hassein (23). Auch er war bei einer Polonaise mittendrin, machte anschließend mit seiner Deutsch-Lehrerin Susanne ein Selfie. Wohl passend zur Flucht der Menschen aus den Krisengebieten wurde gerade das "Die Karawane zieht weiter" gespielt. Für die deutsche Stimmungsmusik sorgte Michael Schmitz. "Ich suche noch was mit Trommeln, das kommt wahrscheinlich auch gut an", meinte der DJ.

Wie in den Jahren zuvor, hatte der AKF zu diesem Treff nicht nur die Flüchtlinge eingeladen. Auch einige Besucher der Anrather Begegnungsstätte und Bewohner der Lebenshilfe-Einrichtung "Haus Anrode" kamen mit den Mitarbeiterinnen vorbei. So der 21-jährige Sven Hildebrandt, der sich für kurze Zeit mit seiner Narrenkappe als Prinz fühlen durfte. In die Josefshalle kamen ferner Vertreter des Anrather Bürgervereins sowie des Anrather Karnevalszugvereins "Aach Blenge", wie Sandra Klingen mit ihren Kindern. Emma (3) war zur Kuh geworden, die elf Monate alte Greta zum Maikäfer. Und der Kommentar der Mutter: "Vor allem für die Kinder ist das hier eine tolle Sache."

Kostümiert brauchten die Kinder nicht unbedingt zu sein. Dennoch hatten die Ehrenamtler, darunter Katrin Nickels, Kostüme, Pappnasen, Hütchen oder Hula Hula-Ketten mitgebracht. Ein kleines Diadem ließ sich die vierjährige Jin ins Haar stecken, als Clown war der irakische Junge Sebhan (9) zurecht gemacht, als Indianer ein Fünfjähriger aus Syrien. Viele Schnappschüsse zwischendurch machten Werner Pasch und Wolfgang Klein. Die Beiden gehören einem Anrather Fotoclub an. Der Club hatte schon einmal 2012 eine Ausstellung zum Thema "Anrath im Blickwinkel" gemacht. "Und jetzt planen wir eine zweite Ausstellung, es geht dabei um Anrather Köpfe und da gehören ja auch unsere Flüchtlinge dazu", erklärte Werner Pasch.

Als "König Ludwig" schwang die 2. AKF-Vorsitzende Gisela Michels das Zepter. Viel Spaß hatte der 34-jährige Mazedonier Ismail Fazliov, der mit Ehefrau Elsaveta und den drei Kindern gekommen war. Gut drauf war außerdem die Chefin der ehrenamtlichen Organisation, Jutta van Amern. Sie wünschte sich in einer kurzen Pause für den Deutsch-Unterricht noch mehr Ehrenamtler - und weniger Bürokratie, sie sagte: "Zum Beispiel müssen wir bei der Einschulung der Kinder manchmal sehr lange auf den Zuweisungsbescheid warten." Ihrer Meinung nach müsse dringend geregelt werden, dass es für die vielen 16- bis 18-jährigen Jugendlichen eine schulische Perspektive gäbe. In den Berufskollegs sei für diese jungen Leute derzeit kein Platz. Jutta van Amern weiter: "Ich weiß nicht, wie es zu schaffen ist, aber wir krempeln weiter die Arme hoch und müssen da durch..."

(wsc)
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