Stadt Willich Ein wortreiches Gagfeuerwerk

Stadt Willich · Wer Sprache mag, wird Torsten Sträter lieben. Der Slam-Poet und Kabarettist mit radiotauglich-tiefer Stimme und Schlabbermütze als Markenzeichen gastierte am Samstag in der Jakob-Frantzen-Halle. Bühne frei für sein Solo "Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben".

Dies vergnügte auf hohem Niveau, denn Sträter liest vor. Keine Märchen, sondern short stories. Nicht aus Büchern, sondern vom iPad. Doch bis er das zückt, ist die erste Stunde bereits vergangen. Und wie: Mit Wortwitz, Spontanität und Selbstironie zündet der 49-jährige Dortmunder ein wortreiches Gagfeuerwerk. Macht sich lustig über Huster ("Rentner-Whatsapp"), erklärt die Griechenland-Krise ("Peter hat vier Äpfel, isst aber neun") und gefällt sich in der Rolle des "dicken Mützen-Schlumpfes".

Das Humorsystem Sträter begreift nur, wer gut zuhört. "Wenn Sie jetzt denken, die Mütze ist Kosmetik oder sieht nur gut aus, liegen Sie falsch. Ich schwitze stark, und damit mir die Suppe nicht in die Augen läuft, trage ich eine Mütze. Der Mütze wegen schwitze ich wiederum stark - ein Teufelskreis! Ja, so langsam rieche ich streng, ich locke bereits Schakale an." Die Gleichung ist simpel: sonore Stimme plus geschliffene Wortspiele gleich Zwerchfell-Angriff.

"Ich will nicht abschweifen", erklärt Sträter und tut das Gegenteil. Seine teils hanebüchenen Storys "stimmen alle", versichert der "so Lyrische wie der Bofrost-Mann," Der gelernte Herrenschneider kokettiert, blickt zurück: Früher gab's löslichen Zitronentee ("Heiß und kalt genießen", die Älteren erinnern sich vielleicht), aber auch Leckmuscheln. Sträter dazu: "Die konntest Du nicht essen, das war harte Arbeit. Dafür kann ich heute ein Zylinderschloss mit der Zunge öffnen!" Freude, Kikeriki!

Scheinbar schaffen es Themen auf die Bühne, die "nicht zum Programm gehören", wie Sträter uns weismachen will. Immer wieder unterbricht er sich im Vortrag, hält inne, seufzt. Und setzt neu an: "Anders gesagt ..." - und verliert sich erneut. Allzu derbe Scherze tut Torsten Sträter mit einem schön gespielten "Schlimm!" ab und schüttelt den Kopf. Das Publikum des iPad-Praktikers kringelt sich vor Vergnügen. So also funktioniert Vorlesen 2016.

Erfolgreich ist er auch, der Sträter: Erst jüngst, nach regelmäßigen Auftritten bei "Nuhr im Ersten" und "extra-3" spendiert der WDR dem Lustig-Leser mit "Sträters Männerhaushalt" eine eigene Sendung. Die 45-minütige Personality-Show startet am 7. Mai um 21.5 Uhr.

(tone)
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