Serie Vor 75 Jahren Ein Schriftsteller aus der Leutherheide

Willich · Heinrich Houben schuf unzählige Bühnenstücke, die im In- und Ausland aufgeführt wurden. Er starb am 20. Juli 1941

 Szene aus Houbens Schauspiel "Der Statthalter von Syrakus" in der Aufführung zu Leutherheide im Januar 1912.

Szene aus Houbens Schauspiel "Der Statthalter von Syrakus" in der Aufführung zu Leutherheide im Januar 1912.

Foto: Kreisarchiv

NEttetal "Der Turmgeist von Grauenburg", "Lord Dämon", "Räubers Weihnacht", "Der Rebell von Montmartre", "Die Zigeunerspionin", "Dunkle Existenzen" - hinter solchen Titeln von Bühnenstücken erwartet man auf den ersten Blick keinen Schriftsteller, der im Rahmen dieser Serie besondere Erwähnung verdiente. Doch der erste Blick täuscht. Nach Umfang und Verbreitung seines Werkes und zumindest für die Zeitgenossen auch der Qualität nach war Heinrich Houben aus Leutherheide ein Dichter mit außerordentlicher Breitenwirkung, dessen Werke auf den Volksbühnen im In- und Ausland jahrzehntelang gespielt wurden.

Das Volkstheater stand zu seinen Lebzeiten in großer Blüte. Es war Ort der Volksbildung, der Belehrung, der sittlichen Festigung, natürlich auch der Unterhaltung. Angesichts wachsender Niveaulosigkeit zahlloser heutiger Fernsehproduktionen sollten wir uns vor Überheblichkeit bei der Bewertung damaliger Bühnenschauspiele hüten!

 Heinrich Houben wurde 1866 als Sohn des Lehrers Wilhelm Houben in Leutherheide geboren.

Heinrich Houben wurde 1866 als Sohn des Lehrers Wilhelm Houben in Leutherheide geboren.

Foto: Kreisarchiv

Schon 1928 waren über eine halbe Million Exemplare von Houbens Stücken gedruckt worden. Im Kreisarchiv in der Kempener Burg befindet sich eine große Sammlung.

Vor 75 Jahren, am 20. Juli 1941, starb Heinrich Houben, 75-jährig in Leutherheide. Nicht nur Houbens Lebenswerk war bemerkenswert, auch der außergewöhnliche Verlauf seines Lebens selbst nötigt Aufmerksamkeit ab. Geboren wurde er als Sohn des sehr verdienstvollen Leutherheider Lehrers Wilhelm Houben. Ein unbändiger Drang nach Wissen und Bildung war signifikant für ihn und seine Familie.

 Eine Szene aus dem Lustspiel "Töchter der Puszta" von Heinrich Houben in der Uraufführung durch den Paramenten-Verein Lobberich am 17. Januar 1909.

Eine Szene aus dem Lustspiel "Töchter der Puszta" von Heinrich Houben in der Uraufführung durch den Paramenten-Verein Lobberich am 17. Januar 1909.

Foto: Kreisarchiv

So sollte denn auch der Sohn Heinrich Zugang zum Lehrerberuf finden. Aber es kam anders: Der talentierte Junge, der gut Klavier und Geige spielte und aufgrund der Vorlieben seines Vaters früh mit dem Theaterspiel in Berührung kam, wechselte nach dem Besuch der Leutherheider Dorfschule auf das Dominikaner-Collegium in Venlo und danach zum Thomaeum in Kempen. Doch dann zerstörte ein brutales Ereignis seine Lebenspläne. 16-jährig wurde er auf der Straße zwischen Breyell und Lobberich überfallen und so schrecklich zusammengeschlagen, dass er lebenslänglich gesundheitlich empfindlich geschwächt blieb.

Das Gymnasium musste er aufgeben, erwarb aber als Autodidakt umfassende Bildung auf den verschiedensten Gebieten und lernte so vollkommen fremde Sprachen, dass er später seine eigenen Bühnenwerke ins Französische, Englische und Niederländische übersetzte. Schwerpunkt seiner schon bald beginnenden dichterischen Tätigkeit war das Theater. In Leutherheide wurde 1893 sein erstes Stück - "Die Schauspielkandidatin" - aufgeführt. Ort der Aufführungen war das großzügige Anwesen des wohlhabenden Kaufmanns Simons, die spätere Bildungsstätte Heydevelthof. Houbens Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Deutschen Reich. Von Aachen bis Königsberg wurden seine Stücke gespielt. Belegt sind Aufführungen am Stadttheater von Koblenz, in Bamberg, Krefeld, Münster, Bingen, Fulda, Essen und Stettin. Aber nicht nur das: Auch in Amsterdam, London, Paris, Basel und Rom sowie in großen Städten in Nord- und Südamerika und in Afrika fand Houben Aufnahme in die Bühnenprogramme. Besonders erfolgreich war 1911 sein 50. Stück "Wenn du noch eine Mutter hast" und sein 100., das Passionsspiel "Jerusalem". Etwa drei Stücke schrieb er pro Jahr - 40 Jahre lang. Dabei war er durchaus geschäftstüchtig. Durch rege Zusammenarbeit mit verschiedenen Verlagen konnte er die Drucklegung zahlloser Exemplare seiner stets als Einzeldruck erscheinenden Werke sichern. Besonders viele Bühnenstücke erschienen im Theater-Verlag der Thomas-Druckerei in Kempen und das oft in zahlreichen Auflagen. In der Sammlung in der Kempener Burg befindet sich beispielsweise ein Exemplar der 21. Auflage des Schauspiels "Der Turmgeist von Grauenburg".

Verwandte des Dichters - er selbst blieb unverheiratet - gründeten Theaterverlage in Leutherheide und Breyell, die Houbens Werke mit Erfolg verbreiteten. Heinrich Houben bearbeitete aber auch Werke anderer Schriftsteller für die Bühune ("Der Trompeter von Säckingen", "Ben Hur", "Der Jäger aus Kurpfalz".) Auch damit konnte der Dichter vom Niederrhein seine enorme Bühnenpräsenz steigern.

(RP)
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