Stadt Willich Ein ganzes Volk wird jetzt umgesiedelt

Stadt Willich · Der Neersener Schlosspark wird um eine Attraktion reicher. Er erhält ein Formicarium. Die Ameisenschutzwarte NRW und die Nabu Ortsgruppe Willich bauen dort derzeit die Ameisenstation.

 Helmut Friesheim (links) und Heinz van den Brock legen den Grundstein für ein Formicarium im Schlossgarten Neersen. Dort können dann später Besucher das Leben in einem Ameisenhaufen beobachten.

Helmut Friesheim (links) und Heinz van den Brock legen den Grundstein für ein Formicarium im Schlossgarten Neersen. Dort können dann später Besucher das Leben in einem Ameisenhaufen beobachten.

Foto: ACHIM HÜSKES

"Der ist jetzt gut", sagt Heinz van den Brock, nachdem er den Beton im Speiskübel ein letztes Mal umgerührt hat. Das ist das Einsatzzeichen für Helmut Friesheim und Jack Sandrock. Gemeinsam tragen sie einen länglichen Fundamentstein in Richtung der kleinen Lichtung, direkt gegenüber der Tierweitsprung-Station des Waldlehrpfads im Neersener Schlosspark. Van den Brock hat indes schon die Kelle, mit der er den Beton angerührt hat, gegen einen Spaten getauscht. Mit wenigen Stichen hebt der Willicher das Fundament aus. "Da sind ganz schön viele Wurzeln drin", bemerkt der Ameisenheger und Mitglied der Ameisenschutzwarte NRW. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn Brennnesseln und Holunder umrahmen die freie Fläche komplett und standen bis vor wenigen Tagen auch noch in dem Bereich, in dem die drei Mitglieder der Nabu Ortsgruppe Willich arbeiten.

Was hier gebaut wird, können die Spaziergänger, die immer wieder vorbei kommen, der kleinen Tafel am Wegesrand entnehmen. "Hier entsteht eine Ameisen-Station" ist dort zu lesen. Wo bis dato das Grün bis an den Rand des Weges wuchs, sollen sich zukünftig Ameisen wohlfühlen und die Besucher ganz viel über sie erfahren sowie ihnen bei der Arbeit zuschauen können. "Wir bauen ein Formicarium, wie eine Anlage zur Beobachtung von Ameisen heißt", erklärt der Ameisenfachmann. In einem geschützten Raum kann die Kleine Rote Waldameise in Zukunft leben, wobei die Tiere dank Panzerglas dabei beobachtet werden können. Die Idee ein Formicarium am Waldlehrpfad anzulegen, gab es schon länger bei der Nabu Ortsgruppe Willich. Mit dem Mitglied van den Brock ist dabei ein Fachmann vor Ort, der aufgrund seiner Tätigkeit in der Ameisenschutzwarte nicht nur die Kenntnisse für den Bau eines solchen Formicariums mitbringt, sondern auch die Zulassung für die Umsiedlung und die Hege von Ameisenvölkern hat.

Die Kleine Rote Waldameise, die jetzt im Schlosspark angesiedelt werden soll, kommt so aus Neukirchen Vluyn. "Dort sollen Völker aufgrund der Nutzung einer benachbarten Wiese als Zeltplatz umgesiedelt werden. Sechs Völker habe ich bereits nach Dormagen gebracht. Eins kommt jetzt nach Neersen", informiert van den Brock, der inzwischen das erste Fundament gesetzt hat. Wie es weitergeht, ist unschwer an den ausgelegten Materialien zu erkennen. Vier Holzwände und dicke Panzerglasscheiben lehnen am Anhänger. Eine Holzwand kann zudem geöffnet werden, um bei Bedarf ins Innere des Formicariums zu kommen. "Wir setzten die Holzwände auf die Fundamente und darauf kommen die Glasscheiben. Oben wird das Ganze mit einem Fliegendraht und einem Regenschutz versehen", erklärt van den Brock. Die Holzwände hat er bereits am Wochenende vorbereitet, wobei in jeder Wand, mit Ausnahme der Türwand, Löcher ins Auge fallen. Durch diese werden Kunststoffrohre gelegt, die dann wiederum ins Erdreich führen. Es sind die Zugänge für die Ameisen. Die Panzerglasscheiben hingegen ruhten seit Jahren in seiner Garage. Sie sollten eigentlich entsorgt werden, aber "ich konnte sie für 15 Euro pro Scheibe kaufen. Ich habe mir damals gedacht, die kann man immer brauchen", verrät der Willicher mit einem Lächeln. Dass dem so ist, zeigt sich jetzt. Doch bevor sie eingesetzt werden, geht es an die erste Gestaltung des Innenlebens des Formicariums. In ihm schichtet der Fachmann Altholz so, dass es viele Höhlen bildet und die Ameisen ihre Nester anlegen können. Eine erste Vorhut der Insekten zieht noch diese Woche ein. Den Rest des Volkes holt van den Brock danach. Genau wie Sandrock und Friesheim hofft er, dass sich "die Polizei des Waldes" dort wohlfühlt und ihr neues Daheim annimmt.

(tref)
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