Sommerinterview Mit Heinz Michael Horst, Spd-Fraktionsvorsitzender Deutliche Absage an alle Besserwisser

Willich · Der SPD-Fraktionsvorsitzende betont die früher gute Zusammenarbeit mit der CDU unter Drüggen und von Brechan. Von der Verwaltung erwartet er mehr Initiative. In den kommenden Monaten will die SPD für mehr sozialen Wohnungsbau kämpfen.

 Der Tönisvorster SPD-Fraktionsvorsitzende Heinz Michael Horst vor dem RP-Sommerinterview in der Kempener Altstadt. In der RP-Redaktion sprach er Klartext und sparte kritische Punkte nicht aus.

Der Tönisvorster SPD-Fraktionsvorsitzende Heinz Michael Horst vor dem RP-Sommerinterview in der Kempener Altstadt. In der RP-Redaktion sprach er Klartext und sparte kritische Punkte nicht aus.

Foto: WOLFGANG KAISER

TÖNISVORST Sein Frontalangriff auf Bürgermeister Thomas Gossen in der Ratssitzung vor der Sommerpause wird vom politischen Gegner verurteilt. Heinz Michael Horst, Vorsitzender der SPD-Fraktion, steht auch jetzt noch dazu. In Zusammenhang mit den Plänen des Arbeitskreises Budgetierung soll der Bürgermeister unter vier Augen eine ganz andere Meinung vertreten haben wie dann im Hauptausschuss. Horst findet seinen Angriff "absolut korrekt". Dies sei auch kein Alleingang gewesen, sondern einstimmiger Beschluss in der Führungsgruppe der Fraktion gewesen. Sein persönlicher Eindruck dieses Gespräches, den er im Rat wiedergegeben habe, stehe bis jetzt unwidersprochen im Raum. Doch für ihn sei das Thema "gegessen" und er wolle es nicht "weiter hoch hängen". Seit dieser besagten Ratssitzung habe es auch keine einzige Zusammenkunft mit dem Bürgermeister gegeben.

Vor der Flüchtlingskrise habe die SPD im Tönisvorster Stadtrat oft versucht, Gemeinsamkeiten umzusetzen. Mit der neuen CDU-Fraktionsspitze sei dies kaum möglich, es würde an den "Egoismen anderer" scheitern. Bei der CDU habe man es sowieso mit zwei bis drei Gruppierungen in der Fraktion zu tun. Früher habe es einen Arbeitskreis - Haushaltskonsolidierung und diverse andere Namen - mit den Fraktionsvorsitzenden gegeben, das sei vorbei, nachdem Helmut Drüggen den Vorsitz der CDU-Fraktion abgegeben habe. Unter Drüggen und seinem Vorgänger Horst von Brechan habe die SPD lange Jahre eine sehr offene, konstruktive, aber auch kritische Zusammenarbeit gepflegt. Seitdem habe man das nicht mehr erleben können.

Die Sozialdemokraten nervt es auch zunehmend, für sachliche Kritik von CDU-Ratsmitgliedern immer mit dem Etikett "Wahlkampf" bedacht zu werden. "Wir tragen keinen Bundestagswahlkampf im Ratssaal aus", sagt Michael Horst beim Besuch in der RP-Redaktion. "Das ist nicht unser Stil." Und kritisiert das Oberlehrerhafte mancher CDUler, die sich gerne einen Heiligenschein umhingen. Diese Besserwisser könnten dem politischen Gegner anscheinend nicht zugestehen, sich ebenfalls Gedanken machen zu können. Jedes Mal werde die gleiche Schallplatte mit dem Titel "Wahlkampf" aufgelegt. Wenn sich das ändere, könnten CDU und SPD wieder zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückkehren. Michael Horst ist dazu bereit. Er will auch richtigstellen, dass er Georg Körwer nie aufgefordert habe, im Zusammenhang mit der Kritik am Jahresabschluss 2014 Strafanzeige zu stellen. Körwers Kritik hält Horst für abwegig. Man müsse auch mal erkennen, wenn man in der Sache unterlegen sei. Mit dem Haushalt 2018 sei es schon absurdes Theater, erst das vorzeitige Einbringen zu fordern und dann die Verabschiedung zu blockieren.

Überhaupt steckten viele Projekte bei der Verwaltung in der "Pipeline". Es wäre schön, wenn manches schneller vorangebracht würde. Der Verwaltungsneubau sei seit über 20 Jahren Thema, die Argumente lägen auf dem Tisch, im Rat sei es unstrittig - und die Zinslage günstig. Auch die Breitband-Versorgung sei in Tönisvorst bisher nicht gut gelaufen. Die Verwaltung habe mehr Bedenken gesammelt, anstatt Ideen zu entwickeln.

Selber wollen die Tönisvorster Sozialdemokraten nach vorne schauen: Ein ganz wichtiges Thema ist für sie bezahlbarer Wohnraum. Die Stadt müsse dafür eine Vorratspolitik betreiben. Man dürfe nicht alles privaten Investoren überlassen, sondern müsse selbst aktiv werden. Auch dürfe man nicht nur Einfamilien- und Reihenhäuser planen, sondern auch für Geschosswohnungsbau sorgen. Mieter müssten auch im Alter Mietwohnungen noch bezahlen können.

In puncto Wasserrechte wartet die SPD auf Informationen der Verwaltung. Vor allem will sie wissen, was passiert, wenn die Wasserförderung von 2 Millionen Kubikmetern in St. Tönis aufgegeben wird. Laufen dann bei privaten Hausbesitzern im Wasserschutzgebiet die Keller voll?

(RP)
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