Willich Der Linke, der weiß, wie sich Arbeitslosigkeit anfühlt

Willich · Christoph Saßen (39) tritt für die Partei Die Linkebei der Bundestagswahl als Direktkandidat an

 Christoph Saßen war mehr als drei Jahre arbeitslos.

Christoph Saßen war mehr als drei Jahre arbeitslos.

Foto: Röse

Christoph Saßen klickte sich im Internet durch ein Arbeitslosen-Hilfeforum, als er auf einen Link stieß: "Neue Partei - wir suchen Dich". Das war Ende 2004, und die neue Partei war die "Arbeit & Soziale Gerechtigkeit - die Wahlalternative" (WASG). Saßen, damals 26 Jahre alt und arbeitslos, wurde Mitglied und baute die WASG im Kreis Viersen mit auf. "Ich hatte feuchte Hände, als wir bei der Landtagswahl 2005 in NRW aus dem Stand auf 2,2 Prozent kamen."

Saßen, als älterer von zwei Brüdern in Nettetal geboren, kommt aus einem klassischen Arbeiterhaushalt. "Mein Vater war Schichtarbeiter und Betriebsratsmitglied." Später zog die Familie nach Dülken um. Das Gymnasium verließ er mit der Fachhochschulreife. "Damals keine gute Voraussetzung, um zu studieren." Saßen schrieb Bewerbung um Bewerbung für eine Ausbildungsstelle. "Mehr als 300 habe ich verschickt, bekam die Einladung zu drei Bewerbungsgesprächen." Mehr als drei Jahre war er arbeitslos.

Bei seiner ersten Bundestagswahl 1998 hatte Saßen noch der SPD Gerhard Schröders seine Stimme geschenkt. "Seit ich im Kindergarten war, hieß der Bundeskanzler Helmut Kohl." Auch, als Saßen aufs Gymnasium ging. Auch während seiner Zeit beim Bund. Doch als Bundeskanzler Gerhard Schröder die Agenda 2010 verkündete, wurde es Saßen zu viel. "Die hat die Arbeitswelt vollkommen verändert", sagt der gelernte Verkäufer. "Vollzeitstellen im Einzelhandel gibt es nur noch wenige - stattdessen zahlreiche 450-Euro-Jobs. Damit aber kann man nicht für die Rente vorsorgen." Die Regierung spiele arm gegen arm aus.

Als die WASG vor zehn Jahren mit der PDS zur Linkspartei verschmolz, verließ Saßen die Partei. "Mir ging das zu schnell." Nach einem halben Jahr Auszeit war er wieder an Bord. Ging für Die Linke in den Kreistag, sitzt für sie im Rat der Stadt Viersen - und tritt jetzt erstmals bei der Bundestagswahl als Kandidat an, wohl wissend, dass er das Direktmandat nicht gewinnen wird. "Aber ein zweistelliges Ergebnis ist mein Ziel", sagt er. Und was würde er Angela Merkel sagen? "Dass ich ihre Politik des ständigen Aussitzens nicht nachvollziehen kann und für generell falsch halte. Weiterhin vermisse ich Visionen, die auch über den Tellerrand einer Legislatur hinausgehen. Und dass ich sie nie gewählt habe und sie auch nie wählen werde."

(mrö)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort