Stadt Kempen Ballade mit glutvollen Tönen und kostbaren Kantilenen

Stadt Kempen · Chinesische Lyrik erklang in der Paterskirche. Kontrabassist Benjamin Hiesinger hatte interessante Gäste mitgebracht. Informationen gab es kaum, da hat man eine Chance verpasst.

 Ungewöhnliche Musik erklang in der Paterskirche: die Ballade von Li Qingzhao und Su Dongpo".

Ungewöhnliche Musik erklang in der Paterskirche: die Ballade von Li Qingzhao und Su Dongpo".

Foto: kaiser

"Chinesische Lyrik im Klang der Zeit" war eine Matinee im Rahmen der Muziek Biennale Niederrhein benannt. Dass ein solcher Titel nicht die Massen anlockt, war zu erwarten, doch wer am Sonntagmorgen die Paterskirche besuchte, bereute diese Entscheidung sicher nicht. Eine gute Stunde lang konnte er der "Ballade von Li Qingzhao und Su Dongpo", einer über weite Strecken klangvollen, niemals wirklich "modern" klingenden Komposition lauschen, für die der 36-jährige in Berlin lebende Kontrabassist Benjamin Hiesinger im Jahre 2015 mit dem Kunstpreis der Stadt Viersen ausgezeichnet worden war. Hiesinger, der handverlesene Musiker mit nach Kempen gebracht hatte, spielte in dem achtköpfigen, optimal harmonierenden Ensemble selbst den Kontrabasspart. Bei der ausdrucksvoll gestaltenden Mezzosopranistin Aurélie Franck und dem mit vokalem Glanz interpretierenden Tenor Laurin Oppermann waren die umfangreichen Gesangspartien - trotz teils undeutlicher Diktion - in besten Kehlen. Miriam Götze entlockte ihrer Viola ebenso glutvolle Töne wie Hui-Chun Lin ihrem Violoncello. Thorsten Müller steuerte kostbare Kantilenen sowohl auf der Klarinette als auch auf der Bassklarinette bei. Gemeinsam mit dem Komponisten sorgten Ilkka Uksila, Vibraphon und Martin Krümmling, Schlagwerk, in den rhythmisch bestimmten Passagen für die nötige Belebung. Doch ungeachtet all' dieser Pluspunkte bleibt die Frage, warum der Komponist sein Publikum nicht vor dem Vortrag in die Inhalte der zwanzig Teile dieses Tongemäldes einführte.

Wohl kaum einer der anwesenden Zuhörer wird sich in der chinesischen Song-Dynastie (960-1279) auskennen, und mit Informationen im Programmheft wie "Melodie von Maulbeer-Ernte Ba Jiao" oder "Einsamer Besuch im Tempel des glückverheißenden Schicksals zur Wintersonnenwende" ist selbst ein sehr interessierter Hörer überfordert. Das Programmheft enthielt zwar eine deutsche Übersetzung aller (in englischer Sprache) gesungenen Texte, aber die dort vorherrschende Ausdrucksweise ist uns Menschen des 21. Jahrhunderts weitgehend fremd.

Warum wählten die Dichter dieser Zeit gerade diese Texte, was sind die Hintergründe? Das zu erfahren wäre interessant gewesen.

Schade, so wurde eine Chance vertan, diese wertvolle Komposition dem dankbar applaudierenden Auditorium nachvollziehbar nahezubringen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort